Immer wieder begegne ich dem Faktum, dass sich getrennte Eltern demonstrativ per Sie anreden.
Vor Gericht ist dies meist durch die Professionen getriggert. Die Unsicherheit im Umgang mit den genuin abgedrehten Abläufen beim Familiengericht schafft Sicherheitsbedürfnis, das viele damit herstellen, dass sie die Professionen kopieren und meinen, damit „korrekt“ und „richtig“ gehandelt zu haben.
Dabei kommt es auch immer wieder vor, dass neben der Ansprache des ehemaligen Partners bei der Teilung von Tisch und Bett per Herr/Frau plus Nachname sich die Eltern selbst als Antragsteller/Antragsgegner bezeichnen und auch ansonsten vermeintliche „Fachsprache“ kritiklos übernehmen.
Was ich in diesem Artikel ansprechen möchte, geht weit darüber hinaus.
Insbesondere derjenige Elternteil, der das Kind besitzt und auch durchaus spürt, dass dieser Kindesbesitz zwar vom System gewollt und unterstützt ist, aber eigentlich sowohl den Bedürfnissen des Kindes als auch jedem gesunden Menschenverstand widerspricht, empfindet den Drang, seine (zu Unrecht erworbene) Dominanz durch Abgrenzung zu sichern.
Damit entsteht die paradoxe Situation, dass ausgerechnet an der Stelle, wo die elterliche Solidarität und Kooperation gefordert ist, um das Kind aus dem Konflikt herauszuhalten, gerade vom kindesbesitzenden Elternteil – meist der Mutter – eben diese Anforderung massiv boykottiert und auf groteske Weise verhindert wird.
Einerseits ist diese Abgrenzung ein kindischer Versuch, sich von einer Person abzugrenzen, mit der man einmal ein Kind gezeugt hat, andererseits ist diese Abgrenzung ein eklatanter Gesetzesverstoß, indem die Anforderung des §1684, 2 grob boykottiert wird.
Unser System ist allerdings groß darin, sich selbst im Weg zu stehen. Es erhebt gesetzliche Forderungen, deren Einhaltung es danach aber nicht beachtet und alle Verstöße dagegen komplett ignoriert. §1684 ist das beste Beispiel dafür.
Vater 1
Die Mutter unserer Tochter spricht mich seit Monaten – gerade in Anwesenheit unserer Tochter – demonstrativ mit SIE an.
Vater 2
Er erhält von der Mutter seiner Tochter folgende Mail:
Lieber Kindesvater,
Hier geht es ausschließlich um unsere Tochter. Du bist der Kindesvater. Was mich betrifft, hast du mir per WhatsApp erst diesen Monat mitgeteilt, dass die Paarebene für uns keine Rolle mehr spielt, sondern nur noch die Elternebene. Wir sind und waren kein Paar. Das ist höchst verstörend und, um jegliche Missverständnisse auszuschließen, nenne ich dich fortan nur noch Kindesvater, um die ausschließliche Elternschaft zu betonen.
Den Kindesvater bitte ich darüber hinaus, einer Ferienregelung für seine Tochter in der zweiten Schließwoche der Kita zuzustimmen, damit die Tochter nicht ohne Regelung und Betreuung in dieser Zeit ist. Die Kita öffnet wieder am 06.09.2021. Im Sinne des Kindeswohls sollte unsere Tochter während der Schließung der Kita mit beiden Elternteilen ihre Zeit verbringen. D.h. dass sie nach einer Woche mit dem Kindesvater, die zweite Woche während die Kita geschlossen ist, mit ihrer Mutter verbringt. Der Kindesvater kann seinen Umgang mit seiner Tochter am 03.08.2021 um 18 Uhr fortsetzen.
Vater 3
In diesem Beispiel treffen ein akademisch ausgebildeter Vater auf eine bildungsschwache und psychisch auffällige Mutter. Diese muss sich zur Stärkung ihrer schwachen Persönlichkeit abgrenzen, was sie zuerst mit Hilfe des Frauenhauses umsetzte. Da auch noch Migrationshintergrund (was im Frauenhaus inzwischen dominant ist) und Integrationsunwilligkeit bzw. -unfähigkeit hinzukommt, wird die Korrespondenz der Mutter wohl nicht von ihr, sondern von einer Ghostwriterin des Frauenhauses geführt.
Sehr geehrter Herr K.,
ich beziehe mich auf Ihr Schreiben vom 10.09.2021.
Zunächst möchte ich Sie bitten mir gegenüber auf das Duzen gänzlich zu verzichten und mich respektvoll zu siezen, sowie mich künftig mit meinem Familiennamen (Frau S.) anzusprechen und anzuschreiben. Aufgrund der schlechten Vergangenheit möchte ich einen persönlichen psychologischen und emotionalen Abstand zu Ihnen wahren und mit Ihnen nur in einer respektvollen elterlichen Beziehung auf Augenhöhe stehen. Hierzu zählt für mich ein respektvolles gegenseitiges Sie.
Sie hatten mich in Ihrer Email vom 10.09.2021 auf Ihre Persönlichkeitsrechte verwiesen. Ich bin ebenfalls eine überzeugte Befürworterin von Persönlichkeitsrechten eines jeden Menschen und hoffe, Sie respektieren meinen Wunsch und mein Persönlichkeitsrecht auf das Siezen.
Ihr Schreiben vom 10.09.2021 habe ich mit großem Erstaunen gelesen, da ich die von Ihnen beschriebenen Situationen anders wahrgenommen habe.
…
19.09.2021
Sehr geehrte Frau S., die Mutter unserer drei Kinder,
zunächst möchte ich Ihnen für Ihre Fortschritte in der Beherrschung der deutschen Sprache gratulieren!
Dies stellt eine große Leistung neben der schweren Betreuungs- und Erziehungsarbeit mit drei Kindern dar, was ich als alleinerziehender Vater meiner weiteren Kinder durchaus beurteilen kann.
Auch Ihre Sichtweise mit dem Ziel einer respektvollen elterlichen Beziehung auf Augenhöhe zeigt, dass Sie viele Fortschritte gemacht haben.
Dass Sie meinen, nur über eine distanzierte Bezeichnung des Elternpartners über die förmliche Ansprache per „Sie“ plus Familienname eine verantwortliche elterliche Kooperation im Interesse der Kinder verwirklichen zu können, beschreibt Ihre psychische Verfassung und Ihre kommunikativen Fähigkeiten.
Ich habe durchaus die Flexibilität, mich einer solchen therapeutischen Sichtweise anpassen zu können. Es geht mir ja nicht um eine Erfüllung formaler Vorgaben, sondern um das Ziel, unseren Kindern als gute Eltern bestmögliche Bedingungen bieten zu können.
Wenn Sie meinen, Sie würden dies nur über die sprachliche Distanzierung umsetzen können, bin ich gerne bereit, Ihre Vorgaben zu übernehmen.
Ich mache dies aber nicht aus Überzeugung, sondern eher zur Umsetzung eines therapeutischen Konzeptes.
Vater 4
Ich stelle fest, dass gerade bei Eltern mit Promotion und Migrationshintergrund diese abgedrehte Praxis, sich als Eltern per SIE abzugrenzen, verbreitet ist.
Sehr geehrter Herr H.,
heute startet meine Zeit der Schulferien mit unserer Tochter. Ich komme heute Abend, um den Arbeitsheft unserer Tochter abzuholen. Sie haben die Zeit bis zum Abend, die Unterlagen zu kopieren. Um einen neuen Streit zu vermeiden, empfehle ich Ihnen, in dieser Zeit zuhause sein und den Heft mir komplett zu übergeben.
Mit freundlichen Grüßen
Fr. Dr. H.
Sehr geehrter Herr H.,
hiermit informiere ich Sie, dass die Beurlaubung vom Präsenzunterricht für unsere Tochter im Zeitraum vom 20.-22.12.2021 entsprechend vom mir „beantragt“ ist.
Aus diesem Grund bringen Sie unsere Tochter nach Ihrem Wochenende-Umgang am 20.12.2021 um 8:00 Uhr zu mir nach Hause (anstatt in die Schule sie zu bringen) und entsprechend holen Sie unsere Tochter zum Beginn der Weihnachtsschulferien 2021/2022 am 22.12.2021 um 11:20 Uhr von meinem Haushalt ab.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. H.
Vater 5
Sehr geehrter Herr Dr. T.,
der anstehende Umgang am Wochenende vom 26.3. bis zum 29.3. wird nicht stattfinden.
Unsere Tochter will diesen nicht. Ich habe versucht sie zu überzeugen und ihr gut zugeredet aber sie verweigert sich komplett.
Zum Wohle des Kindes, werde ich sie nicht gegen ihren Willen zwingen.
Ich bitte dies zu akzeptieren.
Gruß
T.
Vater 6
Sehr geehrter Herr P.,
…
Hochachtungsvoll
Frau P.
Dieser Beitrag musste kurzfristig wieder entfernt werden, weil die Mutter in einer Art und Weise initiativ geworden ist, die erfordert, in keiner Weise weiter zu eskalieren.
Ich bin interessiert an weiteren griffigen Beispielen für dieses perverse Phänomen.