An das
BMFSFJ
z.Hd. Frau Ministerin Anne Spiegel
Glinkastr. 24
10117 BERLIN
Kinder in Trennungs- und Scheidungsfamilien
Sehr geehrte Frau Ministerin Spiegel,
ich gratuliere Ihnen zum neuen Amt als Familienministerin unseres Landes.
Sie haben kein leichtes Amt übernommen.
Das BMFSFJ hat im Rahmen der Bemühungen um die längst überfällige Reform des Familienrechts wie das Justizministerium einen Totalschaden hinterlassen.
Sowohl die PETRA-Studie stellt ein inzwischen international Aufsehen erregendes Desaster dar als auch die Ignoranz dem vor acht Jahren schon im Koalitionsvertrag vereinbarten Reformbedarf in der Familienrechtspolitik gegenüber. Es wäre mehr als angemessen, wenn die SPD beide „Rohrkrepierer“ aus der Parteikasse zu bezahlen hätte.
Nach einer Trennung oder Scheidung werden Eltern in Deutschland rechtlich in einen alleinerziehenden- und einen unterhaltszahlenden Elternteil unterschieden und damit diskriminiert. Es gilt der menschenrechtswidrige Grundsatz: „Einer betreut, einer bezahlt“.
Diese alltägliche Rechtspraxis stammt noch aus den Gründerjahren der Bundesrepublik, als sich die Mutter um Kinder und Haushalt kümmerte und allein der Vater berufstätig war. Heute jedoch sind ganz überwiegend beide Elternteile berufstätig, ggf. kurz unterbrochen durch einige Monate Elternzeit. Die aktuellen familienrechtlichen Vorgaben passen nicht mehr in die heutige Zeit. Zudem stehen sie im Widerspruch zu unserem Grundgesetz. Denn dort heißt es in Art. 6: „Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.“
Die heutige familienrechtliche Intervention nach der Trennung der Eltern basiert auf dem Residenzmodell, welches regelmäßig bei einer Trennung oder Scheidung mit Kindern zwangsverordnet wird und damit ein Zwangsbeglückungsmodell darstellt, für das der Begriff „Kindeswohl“ als Etikette missbraucht wird. Es raubt dem Kind weitgehend einen Elternteil, diskriminiert diesen Elternteil und entfernt ihn weitgehend aus dem Alltag der betroffenen Kinder. Es erzeugt oder bestätigt beim betreuenden Elternteil den Anspruch, der „richtige“ Elternteil zu sein. Beim Unterhaltszahlenden entsteht ein Gefühl der Ausgegrenztheit, der Abhängigkeit und des Ausgeliefertseins an die Ex-Partner*in. So wird ein „Kampf ums Kind“ motiviert, denn stets entstehen bei Trennungsfamilien ein Gewinner und ein Verlierer. Immer auf der Verliererseite sind dabei die Kinder. Dabei besteht kein Zweifel daran, dass ein Kind in aller Regel auch nach einer Trennung beide Elternteile liebt und braucht.
Um diese im Kern menschenrechtswidrige Diskriminierung zu beseitigen, ist es dringend erforderlich, das Recht auf Betreuung von Kindern durch beide Elternteile gesetzlich zu verankern. Diese gemeinsam-getrennterziehende Betreuung gibt es nicht im Residenzmodell, sondern allein im Wechselmodell. Dies bedeutet nicht unbedingt wöchentlichen Wechsel: Kinder können auch, wie häufig in Skandinavien praktiziert, eine Woche im Monat beim anderen Elternteil sein, neben jedem zweiten Wochenende. Denn sehr viele Arbeitnehmer*innen arbeiten eine Woche im Monat in der Spätschicht, egal ob als Ärztin, Krankenschwester, Polizistin, Redakteurin, Kassiererin etc. Warum können die Kinder nicht in dieser Woche zum anderen Elternteil?
Wechselmodell müsste auch nicht unbedingt 50 zu 50 bedeuten. Es geht nicht um rechnerische Augenhöhe, gefühlte Augenhöhe reicht. Allerdings bei 45% Betreuungsanteil immer noch von einem Residenzmodell auszugehen und den fast gleichwertig mitbetreuenden Elternteil 100% Unterhalt bezahlen zu lassen, ist nicht nur absurd ungerecht, sondern bedient ein Modell, in dem z.B. eine Mutter ihre Kinder eher als Pfand für Alimentierung missbrauchen kann.
Das Residenzmodell als allein zulässigen Regelfall aufzuzwingen und das Wechselmodell nur bei Konsensualität der Eltern zu ermöglichen, ist eines modernen Rechtsstaates unwürdig und wird im Ausland schon lange als mittelalterliche Abstrusität bewertet, die sich Deutschland immer noch leistet.
Das Wechselmodell ist das Modell, das als einziges der Lebenswirklichkeit der meisten Eltern und dem Bedürfnis der Kinder entspricht. Es müsste deshalb an die Stelle des heute immer noch aufgezwungenen Residenzmodells treten. Dabei können die Eltern aber konsensual jedes andere Modell leben.
Damit wäre unsere Familienrechtspraxis von einer grundsätzlichen konzeptionell menschenrechtswidrigen Komponente befreit.
Die Rechtslage muss endlich der Lebenswirklichkeit in unserem Land angepasst werden.
Sie sind unsere neue Familienministerin und tragen dafür Verantwortung.
Wir engagierten und organisierten Eltern stehen Ihnen dafür jederzeit unterstützend zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Franzjörg Krieg
Nachtrag:
Natürlich kam der Einwand, dass es inzwischen auch Mütter gibt, die entsorgt werden und dass diese retraumatisiert würden durch meinen Hinweis darauf, dass Kindesunterhalt ein prostitutionsorientiertes Modell ist.
Ja, das gibt es auch.
Das Problem ist aber so verteilt, dass die Anzahl der entsorgten Mütter nach meiner Wahrnehmung max. 5% ausmacht.
Und gerade diese zahlen nicht zu 50% nicht (wie von Vätern aufgrund der Verwendung von nicht validen Zahlen behauptet wird) – was dafür sorgt, dass immer nur Väter als Zahlungsverweigerer diffamiert werden – sondern sie zahlen zu 90% nicht, bzw. weniger als sie sollten.
Wenn man das alles berücksichtigt, ist Kindesunterhalt nichts weiter als ein rein prostitutionsorientiertes Modell, bei dem schon klar ist, wer sich prostituiert und wer der Freier ist.
Diejenigen Mütter, die zahlen müssen und das auch noch in voller Höhe tun, d.h., voll arbeiten, um den vollen Kindesunterhalt auch zahlen zu können, sind die wenigen Ausnahmen, die sich unser profeministisches System als Kollateralschäden leistet.
Hinzu kommt, dass wir nicht 5% entsorgte Mütter, sondern mindestens 25% brauchen, bevor das Grundproblem von der Politik überhaupt erkannt werden will. Das hat mit der Ideologiesteuerung unserer Politik zu tun – und mit der schlechten Verteilung von Intelligenz.
Sage das mal unseren Politikerinnen, die das Ganze in Berlin organisieren.
Ich habe trotzdem (minimal invasiv) abgeändert…