Zitat von Richter Harald Schütz
„In unserem Rechtsstaat kann es Menschen, weit überwiegend Vätern, widerfahren, dass gegen ihren Willen und ohne ihnen anzurechnendes schuldhaftes Verhalten
– ihre Ehen geschieden,
– ihnen ihre Kinder entzogen,
– der Umgang mit diesen ausgeschlossen,
– der Vorwurf, ihre Kinder sexuell missbraucht zu haben, erhoben und durch Gerichtsentscheid bestätigt wird,
– und sie zudem durch Unterhaltszahlungen auf den Mindestbehalt herabgesetzt werden.
Die Dimensionen solch staatlich verordneten Leides erreicht tragisches Ausmaß und sollte seinen Platz auf der Bühne, nicht in unserer Rechtswirklichkeit haben.“
Quelle:
Anwaltsblatt 1997, Seite 466-468, Zitat von Harald Schütz, einem Richter am Oberlandesgericht Bamberg vom 10. Mai 1997 auf dem 49. Deutschen Anwaltstag.
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Es geht nicht darum, Beschlüsse wie auf anderen Plattformen als isolierte Texte zu veröffentlichen.
In über 700 Verhandlungen an über 100 Familiengerichten habe ich als Beistand nach §12 FamFG (früher §90 ZPO) Erfahrungen gesammelt und konnte dabei an vielen erstaunlichen Ergebnissen mitwirken.
Ich habe aber auch erfahren, dass immer wieder blasse, profillose Personen aus den Professionen die grundlegende Misere der deutschen Familienrechtspraxis umsetzen und prolongieren.
Und natürlich sind im Bereich der familialen Intervention eine Menge ausgebildete und unausgebildete (naive) Vertreterinnen der reinen Frauenförderorganisationen, in denen Gleichberechtigung und Gender Mainstreaming ausschließlich mit purer Frauenförderung fehl-interpretiert wird, Vertreterinnen der mütterzentrieren Beratungsszene, der egozentrischen „Frauen-für-Frauen“-Organisationen und der „autonomen“ Frauenhaus-Szene aktiv.
Dort kommt es nicht auf gute Lösungen für Kinder an, sondern es geht um pure Deckung weiblicher Defizite oder auch um Vorteile auch für defizitäre Mütter – um Ideologie pur.
Wenn dann ein Richter oder eine Richterin Haltung, Augenmaß und Profil zeigt und ohne Angst vor einem Aufschrei der Mütterseligen einen unüblichen Beschluss vorlegt, dann ist dies ein Dokument, das zeigt, dass nicht nur Verzweiflung am Rechtsstaat angebracht ist, sondern dass es doch Einzelpersonen gibt, die Rückgrat zeigen und Mut machen.
Und es werden immer mehr. Noch nie war die Zeit so reif für einen Paradigmenwechsel, der aber im Kontext der familialen Intervention nicht als Revolution kommen wird, sondern immer nur schrittweise. Immer wieder scheint auch eine neue Generation von Richtern und Richterinnen ins Amt zu kommen, die überraschend erfrischend mit Augenmaß vorgehen und überkommende sozialpädagogische Ideologien des letzten Jahrhunderts dorthin verweisen, wo sie hingehören: In den Abfalleimer der Geschichte.
Auf der Ebene der ersten Instanz der Familiengerichte fallen einzelfallbezogene Entscheidungen, die schwer auf andere Fälle übertragbar sind. Sie sind meist ungeeignet, um in anderen Fällen als Richtschnur zu dienen. Sie sind aber Dokumente einer Sichtweise, die Mut macht und der Verzweiflung am Rechtsstaat entgegenwirken.
Auf diese Weise kommen bemerkenswerte Beschlüsse nicht nur von den OLGs, sondern auch aus den Verhandlungszimmern der Familiengerichte auf Amtsgerichtsebene. Auch dort wird Rechtsgeschichte geschrieben.
Dies gilt immer dann besonders, wenn von Richtern und Richterinnen erkannt wird, dass gesetzlich vorgeschriebene Normen nicht nur ideologisch uniform übergestülpt und umgesetzt werden müssen, sondern dass auch diese dem besten Interesse des Kindes unterstellt sein müssen.
Damit aber weiten sie die Sichtweise der auch ideologisch agierenden Legislative.
Dazu fehlt aber den meisten Entscheidenden der Mut und das Rückgrat.
Ich möchte aufzeigen, dass es aber immer wieder Entscheidende gibt, die mit weiterem Blickfeld als sonst üblich Beschlüsse fassen.
Wenn die Politik versagt, sind es die Gerichte, denen die Last der Entscheidung auch ohne gesetzliche Regelung aufgebürdet wird. So geschehen zwischen 2010 und 2013 zum Sorgerecht für nicht eheliche Väter. Die defizitäre Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 29.01.2003 wurde vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte als menschenrechtswidrig (!) erkannt, was das BVerfG dazu nötigte, einer weiteren Ohrfeige durch eine schnelle Korrektur auszuweichen. Da die Entscheidenden am BVerfG aber wussten, dass die Politikerkaste in Berlin in diesem Fall ideologisch so sehr an der Realität vorbei regiert, dass sie in absehbarer Zeit keine gesetzliche Regelung finden wird, hat das BVerfG den Familiengerichten zur juristischen Entscheidung auch noch die legislative Normierung überlassen und ihnen aufgegeben, einstweilen auch ohne gesetzliche Regelung in Fällen einer Beantragung des Sorgerechts durch einen nicht-ehelichen Vater entscheiden zu können.
Natürlich gibt es im Familienrecht kein Recht. Und wenn, dann marginal. Meine Formel für die umfassende Misere habe ich schon 2014 in meinem Aufsatz „Eingriffe des Staates in die Familie“ veröffentlicht:
Familienrechtspraxis in Deutschland =
10% Recht, 40% Ideologie und 50% sozialpädagogische Beliebigkeit.
Das Residenzmodell in Deutschland erzeugt seit Jahrzehnten Hunderttausende von Opfern, die miserabel missachtet und gedemütigt werden und am Rechtsstaat verzweifeln.
Es wird allerhöchste Zeit, diesen grundlegenden menschenrechtswidrigen Zustand zu ändern.
Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen habe ich mich entschlossen, Beschlüsse immer im Kontext der Geschichte zum Fall zu veröffentlichen, aber auch in Bezug auf betroffene Personen anonym zu halten.
Ich war noch nie für Demos vor bestimmten Gerichten oder Jugendämtern. Der schädliche Effekt für den einen guten Fisch im verseuchten Fluss, der den Mut hat, gegen den Strom zu schwimmen, wäre zu fatal und würde die Genugtuung für die Demaskierung des ansonsten herrschenden Elends nicht rechtfertigen.
Außerdem beweist ein einziger überraschend guter Beschluss nicht, dass von dieser entscheidenden Person immer nur gute Beschlüsse kommen, so wenig, wie ein grottenschlechter Richter nicht in der Lage wäre, plötzlich mit einem richtungsweisenden Beschluss zu überzeugen. Auch das konnte ich erstaunt miterleben.
Eine besondere Klasse sind die einzelnen Richterinnen und Richter und manchmal ganze Gerichte, die von politischer Ideologieorientierung geprägt sind. Es waren und sind meist die wenigen, von denen ich nicht als Beistand zugelassen wurde. Das war und ist dann auch meist ein Zeichen für dominante Ideologiebehaftung und für fehlende Souveränität der Entscheidenden. Und es betrifft Frauen und Männer gleichermaßen. In diesen Fällen auf positive Veränderung hoffen zu können – dafür habe ich auch nach fast 20 Jahren keinen einzigen Beleg.
Aber auch in diesen Fällen werde ich auf die Publikation verzichten. Als griffige Beispiele auf Tagungen und Kongressen und in Workshops und Arbeitsgruppen leisten sie allerdings immer wieder gute Dienste.
Tatsächlich betreffen diesen Umstand nur Einzelfälle von etwa 3 bis 5 Prozent meiner gesamten Praxis, sind aber mit Gerichten und Einzelpersonen zu nennen.
In der Summe durfte ich immer wieder positive Erfahrungen machen – trotz der grundsätzlichen, jede Menschenwürde verletzenden Misere des gesamten Systems.
Dafür tragen aber nicht die Gerichte die Verantwortung, sondern unzweifelhaft diejenigen Einzelpersonen, die in der Politik die entsprechenden Entscheidungen steuern.
Deren Namen in den Geschichtsbüchern festzuhalten, ist unsere Aufgabe.
Die Einzelpersonen in den Gerichten sind so vielfältig wie in jedem menschenrechtswidrigen System.
Und das kennen gerade wir in Deutschland nur zu gut.