Vorgeschichte:
Ein deutscher Vater hat mit einer deutschen Mutter nichtehelich ein Kind im nordeuropäischen Ausland. Die Mutter verlässt mit dem Kind den Vater und zieht nach Norddeutschland. Der Vater versucht, den Kontakt zum Kind zu halten. Spätestens mit einer neuen Partnerschaft installiert die Mutter auch einen neuen Papa für das Kind und schottet dieses gegen den Vater ab (die Vaterschaft für das Kind wird in diesem Fall nach der gerade aktiven psychosexuellen Befindlichkeit der Mutter definiert).
Der Vater stellt beim zuständigen Familiengericht einen Umgangsantrag.
Ergebnis:
„Das Umgangsrecht des Antragstellers mit dem Kind NN wird für die Dauer von 2 Jahren ab Rechtskraft dieser Entscheidung ausgeschlossen.“
Aus den Gründen:
„Die Therapeutin vermutet, „dass das Kind aufgrund der massiven Lebensveränderungen im 1. Lebensjahr, an die sie sich bewusst nicht erinnert, auf der unbewussten Ebene ein großes Bedürfnis nach Sicherheit und Beständigkeit hat. Neben der engen Bindung an ihre Mutter hat sie eine enge Bindung an ihren „Stief“-Vater entwickelt. Sie erlebt ihn als ihren „emotionalen“ Vater. Ihre kleine Halbschwester ist „ihre Schwester„. Dieser Rahmen gibt ihr Geborgenheit und Sicherheit.“
Der Vater will unbedingt in die Beschwerde.
Ich mache ihm klar, dass diese wohl keinen Erfolg haben wird und dass ein evtl. Erfolg nur dadurch kommen könnte, dass ein OLG besser ist als das gesamte System, was es ja objektiv auch gibt – ich habe solche guten Erfahrungen auch schon machen dürfen.
Ich formuliere für den Vater (Name der Tochter geändert):
Der Beschluss des Familiengerichts ist oberflächlich gesehen nachvollziehbar.
Allerdings bleiben die Begründungen im Anschein verhaftet und ergründen die Situation nicht der Bedeutung der Elternbeziehung angemessen.
Dass Anna sich aus ihrer eigenen Erlebniswelt heraus auf diese Weise äußert, zeigt nicht, dass ich als Vater diesem Kind nicht zumutbar sei, oder dass die Kommunikation von ihr mit mir ihr nicht zumutbar sei, sondern zeigt zunächst, dass die Mutter ihrer Aufgabe nach §1684 BGB nicht nachkommt.
Anna kann nicht souveräner sein als ihre Mutter. Sie muss die Befindlichkeiten ihrer Mutter leben.
Ich als genetischer Vater von Anna habe auch kein Interesse, in Konkurrenz zur Mutter oder deren Lebensgefährten zu treten. Diese Familie kann durch mich ungestört weiter leben wie bisher.
Was sich verändern sollte, ist die Haltung der Mutter, die sich nunmal mich als Vater ihres Kindes ausgesucht hat und diese Wahl nicht einfach durch eine Abstammungsleugnung ungeschehen machen kann.
Mein Ziel ist jedoch nicht die Mutter. Diese muss sich selbst darum kümmern, wie sie dieser Situation angemessen begegnet.
Ich möchte für Anna als Ressource weiterhin zur Verfügung stehen und dies in positiver und wohlwollender Grundstimmung mit Annas Familie diskutieren und regeln. Anna könnte von mir als ihrem genetischen Vater profitieren. Außerdem wird sie irgendwann entdecken, was genetische Prägung bedeutet, wird erkennen, welche Eigenschaften sie von mir ererbt hat und wird durch mich erlernen, damit konstruktiv umzugehen, um ihr eigenes Leben besser gestalten zu können. Schließlich ist nicht alles Sozialisation.
Anna soll dadurch, dass sie zwei Väter besitzt, profitieren, wobei wir nicht ausdiskutieren müssen, welcher ihr „richtiger“ Vater und welcher ihr Bonus-Papa ist. Das kann sie vielleicht sogar mit der Zeit selbst besser bestimmen – und kann diese Bestimmung auch wieder verwerfen und ändern, was einem natürlichen Lebenslauf durchaus entsprechen könnte.
Einzig evident und lebenslang unveränderlich ist, dass ich ihr leiblicher Vater bin. Dieses Faktum hat zur Folge, dass ich auch ihr rechtlicher Vater bin, womit sie auch institutionell und rechtlich mit mir verbunden bleibt.
Es scheint, dass Anna eher durch die mit ihr verknüpften Befindlichkeiten geprägt ist und dass ihre Vaterbilder nicht altersentsprechend angemessen in ihr geklärt und repräsentiert sind.
Einer 7-Jährigen ist die Bedeutung des genetischen Vaters schon vermittelbar und zumutbar.
Anna sollte nicht zugemutet werden, dass sie 50% ihrer eigenen Identität ausgrenzen oder gar verteufeln muss.
Ich bestehe auch nicht auf einem regelmäßigen „Umgang“ als Mindestmaß an Kontaktbasis, sondern bin eher bestrebt, mich als real existierende Vaterfigur im Hintergrund bereit zu halten.
Dies funktioniert aber nicht bei einem Ausschluss für 2 Jahre als Beziehungs-Aus.
Dass Anna nach 2 Jahren Abwertung ihrer eigenen väterlichen Identität die eigene Entschlusskraft aufbringt, gegen ihr durchgängiges familiäres Umfeld den Kontakt zu mir suchen zu wollen, ist eher unwahrscheinlich. In allen Fällen von Umgangsaussetzung, die ich kenne, ist dies nie geschehen.
Grabesruhe in Familienbeziehungen kann nicht das Qualitätsmerkmal der familialen Intervention sein.
Es muss also konstruktive und positiv motivierte Möglichkeiten geben, diese genetische Vaterschaft nicht auszuschalten, sondern mit Leben zu erfüllen und für Anna nutzbar zu machen.
Dabei kann ich auch geduldig sein und kleine Schritte akzeptieren.
Vielleicht kann ein Familienhilfeinstrument mit Annas Familie Möglichkeiten entwickeln, die gemeinsam ausdiskutiert und erprobt werden.
Zuerst jedoch muss Anna verstehen, dass ich nicht eine Bedrohung für ihre Familie bin, sondern dass ich ein Gewinn für sie sein kann.
Diese Aufgabe der Vermittlung kann nur die Mutter übernehmen.
Die familiale Intervention muss sich dann entscheiden, wie sie diese Herausforderung annimmt.
Dazu muss leider diese Beschwerde die Chance geben.
Ich würde eine Mediation vorziehen.
Diese Vorlage ist leider beim falschen OLG gelandet.
Wenn das Hanseatische OLG bei einem ähnlich ungewöhnlichen Antrag Format zeigte, ließ das in diesem Fall zuständige OLG sowohl Format als auch Souveränität vermissen.
Zunächst wurde meine Beistandschaft abgewiesen:
„Seine Zulassung als Beistand gemäß §12 S.3 FamFG kommt nur dann in Betracht, wenn dies sachdienlich erscheint und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Dies mag der Senat nach Beratung im vorliegenden Fall nicht festzustellen. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass ein besonderes Nähe- und Vertrauensverhältnis des in erster Instanz noch anwaltlich vertretenen Kindesvaters zu Herrn Krieg besteht, das in diesem Fall einer Beziehung zu einem Familienangehörigen im Sinn des §10 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 FamFG gleicht.
Allein das Vorliegen von besonderen juristischen bzw. fachlichen Kenntnissen von Herrn Krieg in Kindschaftssachen genügt nicht, da der Beteiligte sich dafür auch eines Rechtsanwalts bedienen kann.“
Diese Begründung ist allein schon durch die Vermischung der Vorgaben des §10 (Vertretung) mit denen des §12 (Beistand) Blödsinn. Was „der Senat nach Beratung im vorliegenden Fall nicht festzustellen“ vermag, ist ein Armutszeugnis für dermaßen hoch qualifizierte, promovierte und von uns bezahlte Profis.
Stattdessen Berufskollegen mit Profit zu bedienen, passt ins Bild einer in Teilen doch defizitären Justiz.
Und das Ergebnis?
„Die Beschwerde des Kindesvaters gegen den Beschluss des Amtsgerichts … wird zurückgewiesen.“
In der Begründung wiederholt das OLG die Argumentation, dass das Kind nicht zu Umgängen gezwungen werden könne, obwohl der Vater eben das in seiner Beschwerde ausgeschlossen hat. Stattdessen zitiert das OLG den §1684 BGB, meint damit aber ausschließlich das Recht auf Umgang und ignoriert systemkonform die Verpflichtung der Mutter zu Bindungsfürsorge.
Diese Freibrieferteilung für den Kindesbesitz und die Abstrafung des erniedrigten Elternteils als Alleinschuldigen ist ein systemimmanentes Wesensmerkmal im Residenzmodell.
Damit ist dieser Beschluss dieses norddeutschen OLG nichts weiter als ein Qualitätsbeweis der Leistungsfähigkeit eben dieses OLG, bzw. dieses 19. Zivilsenats.
Manche können eben nicht besser sein.
Gestern hatte ich dazu wieder eine Verhandlung an einem Familiengericht im Schwarzwald, in der einer der profiliertesten süddeutschen Gutachter der Mutter mit dem Hinweis „gedroht“ hat, dass eine weitere Verhinderung der Kontakttermine der Kinder mit dem Vater das beginnende PAS verstärken und damit wohl zu einem jahrelangen Kontaktverlust führen könnte. Er wollte nicht verstehen, dass dies die Mutter allein als Handlungsanleitung versteht. Und als ich deren Verpflichtung nach §1684 ansprach, hatte keiner das Rückgrat, diese Argumentation aufzunehmen, weder der Gutachter, noch die VBin noch das Gericht.
Unser System ist eben so defizitär wie es ist.