Ein Lernschritt als Maildoku
Seit Jahren rumort es in Deutschland zum Thema Wechselmodell.
Neu betroffene Elternteile sind zunächst verunsichert. Dann werden sie aufgeklärt.
Der Mutter wird gesagt:
„Entspanne, auch wenn der Vater 40% betreut, bekommst Du vollen Unterhalt! Du musst allerdings jetzt schon vorsorgen, falls die Politik endlich doch etwas unternimmt und den Kindesunterhalt an den Betreuungsschlüssel koppeln will. Halte also schon jetzt die Betreuung beim Vater in deutlichen Grenzen!“
Der Vater meint, wir leben doch in einem Rechtsstaat und beginnt, „fair zu rechnen“.
Bis ihm klar gemacht wird, dass es eher um Prostitution geht als um Recht.
Es beginnt mit einem Schreiben vom Papa:
Sehr geehrtes Jugend- und Sozialamt,
um die Situation hier gut beurteilen zu können, möchte ich Ihnen ein kurzes Update geben. Vor unserem Termin am letzten Dienstag habe ich der Mutter in ihrer Wohnung bei der Renovierung und Umstrukturierung geholfen. Dann, beim Jugendamt, sagt sie, dass sie dem Wechselmodel nicht zustimmen könne. Gestern bekomme ich eine Anfrage von ihr, ob ich die Kinder diese Woche schon ab Mittwoch Nachmittag nehmen könnte (Montag und Dienstag arbeitet die Mutter nicht und hat die Kinder trotzdem bis mindestens 16 Uhr in der Kita, war immer so). Erst wollte sie dafür die Kinder dann ab Freitag Abend nehmen. Dann fragte sie mich aber, ob ich sie doch bis Samstag nehmen könnte, weil sie an einem Kurs teilnimmt.
Wenn es ums Geld geht, lehnt sie das Wechselmodell ab, in Sachen Betreuung greift sie darauf zu. Rosinen-Picken a la carte oder Wunschkonzert.
Ja, ich nehme die Kinder, ohne zu überlegen sehr gerne. Wir leben das Wechselmodell.
Vor wenigen Wochen war sie mit den Kindern eine Woche im Ski-Urlaub. Danach sagte sie, dass sich die Kinder wünschen, auch mal mit Papa in den Urlaub zu fahren. Das fände sie auch wichtig. In solchen Situationen stehe ich nur sprachlos und kopfschüttelnd da und denke: „Klar, Du hast 2700 € im Monat für dich. Da geht das problemlos. Ich will mir demnächst eine 4-Zimmer Wohnung aufbauen und habe etwa 1800€ im Monat. Lass uns den Unterhalt fair teilen und ich hab mehr für die Kinder…“
Sie fordert in jedem Punkt die Bedingungen des Wechselmodells ein, lehnt es aber in der Sekunde der Unterhaltsberechnung ab. Und mein Ziel ist nicht mal, nichts zahlen müssen. Ich fordere eine faire 2/3 zu 1/3 Lösung zu Gunsten der Frau oder das Rosenheimer-Modell.
Liebes Jugendamt und Sozialamt, ich bitte Sie, diese am finanziellen Gewinn orientierte Haltung der Mutter nicht zu fördern – kein Wunschkonzert in der Trennung. Die Leidtragenden sind am Ende die Kinder (siehe Urlaub, Wohnung, Umgang zum Vater).
Mit freundlichen Grüßen
Papa
Sehr geehrter Papa,
mein Name ist Anna H., ich bin Ihre Ansprechpartnerin im Fachbereich Soziale Dienste im Jugendamt.
Ihren Mails meine ich entnehmen zu können, dass Sie als Eltern keine Einigkeit bzgl. der Definition des Umgangsmodells für Ihre Kinder haben. Auf dieser Basis wird es für meine Kollegin vermutlich schwer werden, Unterhaltszahlungen zu berechnen.
Unsere Aufgabe als Jugendamt ist es, Sie in der Ausübung Ihrer gemeinsamen Elternverantwortung zu unterstützen. Sollten Sie eine Beratung zusammen mit dem anderen Elternteil wünschen, setzen Sie sich bitte mit uns in Verbindung. Gerne dürfen Sie sich auch mit den geschilderten Themen an eine niedergelassene Beratungsstelle wenden.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
Anna H.
Stadtverwaltung Xstadt
Allgemeiner Sozialer Dienst
Hallo Franzjörg,
erster kleiner Teilerfolg: Ich werde gehört. Aber die Mutter hat schon Widerstand angekündigt… „Da würde es nicht nur darum gehen, Betreuungszeit zu übernehmen!“ Die ganzen Kosten würde sie tragen. Ich bin sehr auf Argumentation der Kosten gespannt. Klar, sie übernimmt den Hauptteil der Termine, dafür will ich ja auch 2/3 der Unterhaltskosten übernehmen. Aber eben nicht 100%. Kannst Du mir einen Tipp geben, was mich erwartet, bez. welche Argumente von mir Gewicht hätten? Habe ich überhaupt eine Chance, wenn die Mutter auf stur schaltet (was bei ihr zu erwarten ist)?
Ich hatte die Kinder gerade wieder von Mittwoch Nachmittag bis heute Morgen bei mir. Zitat Julian (3): „Papa darf ich für immer bei dir bleiben?“.
Viele Grüße,
Papa
Hallo Papa,
Du solltest einen Betreuungskalender vorlegen können.
Dazu habe ich eine Vorlage angehängt.
Mit herzlichem Gruß
Franzjörg
Sehr geehrte Frau H. (Jugendamt),
im Anhang finden sie einen Betreuungskalender.
Die Mutter und ich haben, wie ich finde, ein sehr gutes Modell zur Kinderbetreuung entwickelt. Die Kinder sind sehr gerne bei mir. Dass sie auch viel Zeit mit mir verbringen, genießen die Kinder und ich sehr.
Wir haben ein Modell konstruiert, bei dem die Kinder von Donnerstag Nachmittag bis Samstag Morgen bzw. von Donnerstag Nachmittag bis Montag Morgen beim Vater sind. Richtig gerechnet ergibt sich dadurch eine Betreuungszeit beim Vater von durchschnittlich 48,75%. Mein Angebot ist eine Zahlung von 66% nach Düsseldorfer Tabelle. Damit würde ich als Vater einen Gesamtbetreuungsaufwand von 57.375% übernehmen.
Selbstverständlich müssen dann auch Arztbesuche und alles andere näherungsweise zu 50% von mir übernommen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Papa
Hallo Franzjörg,
ich war heute mit der Mutter meiner Kinder beim Jugendamt. Das war echt eine Lachnummer. Ich wurde teilweise gar nicht wirklich ernst genommen. Außerdem befürwortete die Frau vom Jugendamt das Residenzmodell:
„Der ständige Wechsel vom Vater zur Mutter ist ja auch ganz schön anstrengend für die Kinder“, „Ist es nicht besser, wenn die Betreuung bei einer Person bleibt?“,…
Dann die Berechnung der Zeiten. Bei der Wochenaufteilung wurden meine Termine teilweise mit 1/4 gewichtet, während die Zeiten bei der Mutter voll zählten. Dann meinte sie, dass ich in Zukunft aber mehr Betreuungszeit übernehmen müsse, schließlich will sie auch mal mehr arbeiten. Dazu sagte ich, „ok, dann zahlst du mir aber den Unterhalt“, „neeh, ich zahle dir gar nix.“
Und am Ende noch der Vorschlaghammer der Mutter: „Dir geht es ja bei den Kindern nur darum weniger Unterhalt zu zahlen.“ Klar, sie ist in der luxuriösen Situation, sich zurücklegen zu können und einfach zu sagen, du zahlst… Ich muss schon ziemliche Klimmzüge machen, um vielleicht 1 oder 2 % weniger zahlen zu müssen.
Viele Grüße,
Papa
Hallo Papa,
die Mutter hat recht:
Der Unterhalt ist immer noch nicht an den Umgang gekoppelt.
D.h. familienrechtlich korrekt ist, dass Du z.B. 40% betreust und trotzdem 100% Kindesunterhalt zu zahlen hast.
Mit herzlichem Gruß
Franzjörg
Hallo Franzjörg,
was muss ich denn machen, damit ich in Lohnsteuerklasse 2 komme? Soweit ich das verstanden habe, muss ich dafür das Kindergeld bekommen und min 40% Betreuungsleistung übernehmen (die habe ich). Wie kann ich denn erreichen, dass ich für ein Kind das Kindergeld bekomme?
Viele Grüße,
Papa
Hallo Papa,
das Kindergeld bekommt der Elternteil mit dem Hauptaufenthaltsort im Residenzmodell.
40% ist immer noch Residenzmodell.
Für den Hauptaufenthaltsort brauchst Du eine familiengerichtliche Entscheidung, die Dir das Kind und das Alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht zuweist.
Das wird nur geschehen, wenn die Mutter das Kind täglich stinkbesoffen auf der Straße verprügelt.
Väter sind zahlende Kunden in einer Familienrechtspraxis mit Prostitutions-Charakter.
Und der Staat fungiert dabei als Zuhälter, sorgt dafür, dass die Nummer auch funktioniert und kassiert über die Steuerklasse mit, in der zahlende Väter als Single mit teuerem Hobby bewertet werden.
Mit herzlichem Gruß
Franzjörg
Gleichstellung von Vätern
Sehr geehrte Frau Dr. Giffey,
vor wenigen Wochen trugen Sie den Vorschlag vor, auch im Bereich der Kinderbetreuung und der Unterhaltszahlung für Gleichberechtigung zu sorgen. Vielen Dank für diesen wichtigen Ansatz. Mich interessiert dingend, was aus Ihrem Vorschlag geworden ist. Wird er weiterverfolgt? Welche Ziele stehen an? Wie ist die SPD-interne Haltung zu dem Thema? Wie steht die Koalition dazu? Wann dürfen Väter endlich auf Gleichberechtigung hoffen?
Ich bin einer von 10.000den Betroffenen. Mit dem Wohl der Kinder im Fokus haben deren Mutter und ich ein Betreuungsmodell gefunden, bei dem ich derzeit etwa 45% der zeitlichen Betreuung übernehme. Wir sind beide sehr zufrieden mit dieser Regelung. Leider erwartet sie von mir trotzdem die vollständige finanzielle Verantwortung nach dem Residenzmodell. Und die traurige Wahrheit ist, dass die derzeitige Gesetzeslage genau das vorsieht.
Erst vor wenigen Jahren wurden endlich die großen Missstände bei Lohn und Gehalt von Frauen gegenüber Männern angeprangert. Ein Gehaltsunterschied von bis zu 30% zwischen Männern und Frauen konnte und kann durch nichts gerechtfertigt werden. Nach meinen eigenen Erfahrungen sind mittlerweile die Gehälter angeglichen. Aber mit welcher Begründung wird die Kindesversorgung und -Betreuung von Vätern mit maximal 12% (entspricht der maximalen Reduzierung um zwei Stufen) gegenüber der von Müttern gewertet? Das ist nicht nur Diskriminierung im höchsten Maße, sondern auch schlecht für die Kinder. Das Wechselmodell bedingt vergleichbare finanzielle Verhältnisse der Eltern. Wie soll der Vater sich nach der Trennung ein neues Leben aufbauen? Wie soll er (wie in meinem Fall) eine 4-Zimmer-Wohung mieten, renovieren und mit zwei Kinderzimmern ausstatten, wenn ihm die finanziellen Mittel genommen werden? Auch der Staat greift dem Vater mit Lohnsteuerklasse 1 nochmal tief in die Tasche. Warum habe ich als Vater keine Chance auf Lohnsteuerklasse 2? In den meisten Familien ist die Beteiligung der Väter an der Erziehung zum Standard geworden. Wann wird das endlich auch nach der Trennung gefördert und gefordert?
Kinder brauchen auch einen Vater!
Herzliche Grüße,
Papa
Sehr geehrte Frau U. (Unterhaltsberechnung beim Jugendamt),
mein Name ist Papa, ich war letztes Jahr bereits bei Ihnen, um den Unterhalt für meine Kinder berechnen zu lassen. Können sie mir bitte Ihre Aufschlüsselung zukommen lassen, wie Sie die Betreuungszeiten berechnet haben?
Vielen herzlichen Dank,
Papa
Sehr geehrte Frau U.,
vielen Dank für die schnelle Rückmeldung und die Bestätigung der Betreuungszeiten.
Hiermit beantrage ich eine sofortige Neuregulierung des Betreuungsmodells. Berechnungsnachweis siehe Anhang. Wenn Sie eine andere Verteilung bestimmt haben, so lassen sie mir diese bitte zukommen.
Mit freundlichen Grüßen
Papa
Hallo Papa,
Du irrst:
40/60 ist in Deutschland erweiterter Umgang im Residenzmodell.
40/60 ist vielen anderen Ländern asymmetrische Betreuung im Wechselmodell.
Es ist immer noch das besondere deutsche Wesen, das den Unterschied macht….
Mit herzlichem Gruß
Franzjörg
Hallo Franzjörg,
danke für die Rückmeldung. Hm, ab wann gilt denn das Wechselmodell? Das Jugendamt hat vor einigen Monaten ein Betreuungsmodell festgelegt und mit einem dreisten Rechentrick den Schlüssel auf <40 / >60 berechnet. Das haben sie erreicht, indem der Wechseltag (Donnerstag und Montag) für beide mit nur je 25% angerechnet wurde. So kommt mein Anteil auf 5,5 Stunden Betreuung. Diesen Anteil haben sie durch 14 geteilt =39/3% –> Residenzmodel. Bei diesem Schlüssel müsste aber durch 12,5 geteilt werden, weil der Kita 1,5 Tage Betreuung zugesprochen wird. Richtig wären also auch hier 5,5/12,5=44% –> Wechselmodel. In meiner Rechnung nehme ich die Kita ganz raus (6/14=43%), denn im Krankheitsfall oder Arztbesuch etc. eines Kindes hat das übernehmende Elternteil (bei mir donnerstags) die volle Verantwortung an diesem Tag. Deshalb 75% an diesem Tag. Wenn meine Rechnung stimmt und das Jugendamt durch diesen betrügerischen Rechentrick das Residenzmodel erzwingen wollte, erwäge ich eine Klage auf Schadensersatz wegen Betrugs gegen das Jugendamt. Die haben mich sogar genötigt, eine Urkunde zu ihrem Ergebnis zu unterschreiben, in der ich mich verpflichte, zu zahlen. Die ist meiner Meinung nach null und nichtig, wenn sie durch Betrug erzwungen wurde. Ich gehe von Betrug aus, weil die Aufteilung 40/60 ganz offensichtlich konstruiert ist. Das Jugendamt hat mehrere Wochen gebraucht, um den Schlüssel festzulegen. Sie haben also nach einer Methode gesucht. Das ist mir aber erst jetzt aufgefallen.
Viele Grüße,
Papa
Hallo Papa,
Du bist auf einem völlig falschen Dampfer.
Es gibt bei uns kein Wechselmodell.
Und wenn es das gibt, dann haben das die Eltern genauso gemeinsam gewollt und vereinbart.
Oder: Ein Familiengericht hat das so festgelegt. Das gibt es aber nur, wenn es einmal vorher von den Eltern gemeinsam konsensual gelebt wurde.
Und mit finanziellen Konsequenzen bezüglich Unterhalt heißt eine Betreuung in Deutschland nur dann Wechselmodell, wenn sie ausschließlich und nur bei exakt 50 zu 50 liegt.
Das Jugendamt wegen Schadenersatz verklagen, ist verdammt daneben.
Das Jugendamt kann mit Konsequenzen für den Unterhalt NICHTS festlegen.
Da bleibt es IMMER beim Residenzmodell mit vollem Unterhalt für die Mutter.
In Deutschland ist das Wechselmodell die Katzenscheiße, die die Eltern in die gute Stube des staatlich zwangsverordneten Residenzmodells tragen.
Da ist und bleibt Kindesunterhalt ein Modell mit Prostitutions-Charakter.
Basta Punkt
Mit herzlichem Gruß
Franzjörg
Es ist in Deutschland so leicht, Kabarett zu machen:
Zitate reichen.