Ich werde immer wieder gefragt, wie man sich am besten bei einem Jugendamtstermin verhält.
Eine solche beiläufig gestellte Frage kurz zu beantworten, geht nicht.
Dazu halte ich extra ein Ganztages-Seminar ab, das 6 volle Zeitstunden reine Seminarzeit umfasst. Das geht eben nicht „mal kurz“.
Ich versuch’s trotzdem.
Und damit ich das nicht in jedem Einzelfall wieder und wieder machen muss, schreibe ich endlich dazu einen Artikel.
Gerade gestern habe ich einen anderen Artikel verfasst, der die mangelnde fachliche Qualifikation von JugendamtsmitarbeiterInnen zum Thema hat. Damit muss man eben leben. Jede Aktion dagegen oder jedes Misstrauen deshalb wird abgestraft und mindert damit die eigene Wirksamkeit.
Aufgabe des Jugendamtes nach §17 und 18 des SGB VIII ist die Beratung – und das war’s auch schon.
Wer vom Jugendamt ein Einschreiten erwartet, kann das Kind aufgrund von massiver Kindeswohlgefährdung aus der Familie herausholen lassen. Das war’s dann aber schon mit der Macht des Jugendamtes.
Beratung bedeutet nicht Zwang ausüben oder entscheiden oder bestrafen. Das kann nur das Familiengericht – macht dies aber gegen die/den Kindesbesitzende/n auch bei groben Verstößen in der Regel nicht.
Beratung ist auch freiwillig. Wer sich nicht beraten lassen will, der kann auch nicht dazu gezwungen werden.
Was das Jugendamt könnte, ist Haltung zeigen. Dazu gehört aber ein gewisses Maß an Sicherheit aufgrund solider Ausbildung, dazu Rückgrat und vielleicht auch etwas „Arsch in der Hose“.
Das hat nicht jede/r.
Also muss man wieder mit dem leben, was man vorgesetzt bekommt.
Man kann sich seine Berater ja nicht aussuchen. Das regelt die formale Zuständigkeit. Diese wird durch die Wohnadresse des Kindes vorgegeben. Und von den gerade möglichen personalen Ressourcen des Amtes.
Hinzu kommt, dass das Jugendamt für Krisensituationen zuständig ist. Bei Trennungsfällen ziehen sich viele BeraterInnen aber auf die Formel zurück: Ja, wenn sich die Eltern nicht einig sind, können wir auch nichts machen.
Verdammt, weshalb haben sich diese beiden denn getrennt? Weil sie in allem einig sind?
Damit verweigert das Jugendamt seine Leistung in den Krisenfällen, für die es eigentlich zuständig ist.
An diesem Punkt könnte das Zeigen von Haltung einsetzen.
Aber dies ist ja kein Kriterium für die Höhe des Gehalts…
Und:
80% bis 90% der Mitarbeitenden sind Frauen, oft mit hoher Fluktuation.
Das hat natürlich Konsequenzen. Und wenn diese dann noch nebenbei in Vereinen wie „Frauen helfen Frauen“ oder Trägervereinen von „autonomen“ Frauenhäusern aktiv sind, haben wir das Problem, das durch jede Naht im Gefüge platzt.
ACHTUNG!
Ich bin gegen jedes pauschale Bashing von Ämtern und Professionen. Damit würde man den besonderen Personen, die stark genug sind, auch gegen den Strom schwimmen zu können und die verdammt gute Arbeit machen, nicht gerecht werden. Aber ein paar Blumen machen aus einem Stoppelacker eben keine Sommerwiese.
Das Jugendamt ist Teil eines SYSTEMS von familialer Intervention, die im Kern politisch gesteuert ist.
Diese (ideologische) Steuerung kommt insgesamt aus dem Bundestag als gesetzgebendes Organ.
Beim Jugendamt kommt noch hinzu, dass die politische Steuerung vom Provinz-Oberboss kommt, in der Stadt vom Oberbürgermeister und auf dem Land vom Landrat. Diese sind oberster Dienstherr (womit die politische Steuerung deutlich wird), haben aber so viel Ahnung von der Sache wie eine Kuh von der Mondfahrt, wodurch klar wird, wieviel durch Dienstaufsichtsbeschwerden (DAB) erreicht werden kann: Sie werden vom obersten Dienstherrn aufgrund von Ahnungslosigkeit an die Leitung des Jugendamtes weitergereicht, die dann über das Fehlverhalten ihrer eigenen Behörde entscheidet. Und weil es bei der staatlich-ideologisch-korrekten Kürung von Gewinnern und Verlierern unter den Eltern immer einen gibt, der mit der Lösung unzufrieden ist, wird jede DAB den Spänen zugerechnet, die beim Hobeln eben anfallen.
Damit habe ich die Stellung des Jugendamtes kurz gerafft skizziert.
Nun zu den immer wieder gestellten Fragen:
- Welche Haltung sollte ich vermitteln?
Oberste Prämisse ist: Ich muss für mich als Elternteil werben.
Alles, was mich als Elternteil beschädigt oder meine Bedeutung mindert, muss ich vermeiden.
Und das funktioniert nicht über das Denunzieren des Elternpartners – es sei denn, ich bin das kindesbesitzende Elternteil. Zur Festigung des (meist mütterzentrierten) Residenzmodells ist immer wieder jede Schweinerei zulässig.
Als Verlierer im Residenzmodell darf ich mir aber keine Anmaßungen erlauben. Ich muss wissen, dass ich die Arschkarte gezogen habe und dass ich nur gewinnen kann, wenn ich klug und besonnen vorgehe.
Also nutze ich alle Ressourcen, um Pluspunkte zu machen.
Wie komme ich am besten an?
Aufgabe des Jugendamtes ist die Beratung. Also erzähle ich wertfrei, in welcher Situation ich bin und erkläre dann, dass ich am Ende bin mit meinem Latein. Ich brauche Unterstützung.
Und genau dafür ist das Jugendamt da.
Wenn ich mich über den anderen Elternteil beschwere und erwarte, dass sie diesem die rote Karte zeigen, erwarte ich zuviel. Das machen sie nicht. Außerdem ist es auch nicht ihre Aufgabe. Das macht das Familiengericht – wenn ich Glück habe.
Ich kann darum bitten, dass sie den anderen Elternteil zum Gespräch laden. Das machen sie. Wenn darauf aber keine positive Resonanz kommt, war’s das. Der Gewinner hat meist keinen Bock auf Verhandlung. Damit könnte er ja nur verlieren. Wer lässt schon neu geben, wenn er 4 Asse auf der Hand hat?
Diesen Schritt über das Jugendamt braucht man aber, um zum Familiengericht zu kommen. Wenn das Jugendamt sagt, sie können jetzt auch nichts weiter unternehmen, weil sich das andere Elternteil verweigert, habe ich damit den Freifahrtschein zum Familiengericht.
Machtverhältnisse beachten
Das Jugendamt vertritt das Wächteramt des Staates und definiert eigenständig, was Kindeswohl bedeutet und wo Kinderschutz ansetzen muss. Darin haben sie reale Macht.
Es gibt viele, die Hilfe beim Jugendamt gesucht haben – und dann war das Kind weg.
Gehe also nie uninformiert zum Jugendamt. Erkundige Dich vorher – zumindest durch das Lesen dieses Artikels.
Kommunikation und Kooperation sind als zwei der fünf KOs Teil der Zentraltugenden der familialen Intervention. Diese MUSS man bedienen. Und bei allem die Führung durch das Amt respektieren.
Wenn man das Gefühl hat, dass irgendwas komplett schief oder aus dem Ruder läuft, nicht angreifen, sondern sich freundlich zurückziehen und Beratung bei einer externen Stelle suchen. Der VAfK ist da sicher eine gute Adresse.
Nach §13 SGB X hat man ein Anrecht auf eine Begleitung, die dann die Funktion eines Beistandes ausübt. Es ist dabei nicht hilfreich, einen Freund oder einen Verwandten mitzunehmen, für den sozialpädagogische Abläufe ebenfalls unbekannt sind. Man sollte sich durch jemand begleiten lassen, der sich in diesem Metier auskennt und positive Impulse setzen kann.
Eine konfrontative Aufstellung ist Unsinn.
- Was sage ich?
Wertfrei berichten ist immer erlaubt. Und danach erklären, dass man sich völlig hilflos fühlt und nicht mehr weiß, wie man darauf reagieren soll.
Kluge Fragen stellen ist immer gut.
- Was sage ich nicht?
Keine negativen Wertungen, keine Mutmaßungen, keine Diagnosen, keine Verurteilungen.
Nie sagen, was man meint, dass das Gegenüber erkennen soll. Ich bin betroffene Partei – und als Verlierer eh schon beschädigt und von vorn herein schuldig. Meine Wertungen können daher nie übernommen werden. Besser ist, wertfrei zu berichten, meine Hilflosigkeit zum Ausdruck bringen und warten, bis das, was ich eigentlich vermitteln will, im Kopf des Gegenübers selbst entsteht. Das darf der dann auch glauben.
Es gibt Begriffe, die Tabu sind: „Lüge“ z.B.
Ich kann erklären, dass ich völlig überfordert bin, wenn ich höre, wie mein Elternpartner Realität interpretiert.
Damit habe ich dasselbe gesagt, aber zunächst nicht als Du-Botschaft, sondern als Ich-Botschaft und ich habe nicht abwertend beurteilt.
Abschließend möchte ich dazu animieren, die Professionen als Chance zu sehen: Ich kann endlich zeigen, dass ich ein toller Papa oder eine tolle Mama bin. Das muss ich natürlich auch können. Und wenn nicht, muss ich mich coachen lassen. Das ist es wert.
Sozialpädagogik versteht niemand außer Sozialpädagogen.
Es lohnt sich also, sich zu informieren. Dazu reicht dieser Artikel aber nicht.
Das ist nur eine Rohskizze als Entwurf, aber kein Führerschein fürs Jugendamt.
Mehr geht in dieser Kürze nicht….
ABER, ich kann noch auf folgende Ausarbeitung hinweisen: