Die Eltern des Kindes haben beide Migrationshintergrund, der Vater in zweiter Generation. Beide haben deutschen Pass, stammen aus verschiedenen Ländern und leben in einer dt. Großstadt.
Die Tochter ist 11 Jahre alt und eine gute Schülerin. Sie lebt im Wechselmodell bei beiden Eltern.
Der Vater wollte mit seiner Tochter in eine Vater-Kind-Kur, beantragte dies über die Krankenkasse und erklärte, dass er auch kurzfristig bereit wäre, schon über Ostern einen frei werdenden Platz zu belegen.
Er informierte die Mutter Mitte Februar.
Diese verweigerte ihre Zustimmung.
In einem gemeinsamen Termin beim Jugendamt stimmte dieses der Absicht des Vaters zu.
Die Mutter verweigerte die Verwendung von Schulzeit für die Kur.
Die Schulleitung stimmte der Verwendung von Schulzeit neben den Osterferien jedoch zu.
Die Mutter verweigerte trotzdem, obwohl sie schon einmal Urlaub mit der Tochter in ihrem Ursprungsland unter Verwendung von Schulzeit gemacht hatte, ohne den Vater davon überhaupt zu unterrichten.
Zum weiteren Hintergrund:
Weil die Nummer der Mutter mit der Übergehung des Vaters schon im letzten Jahr funktionierte, hat sie für dieses Jahr wieder einen Auslandsaufenthalt mit der Tochter eingeplant und schon Flugtickets besorgt.
Natürlich meint sie, dass diese ihre Planung auf jeden Fall vorgehen müsse, weil sie ja schließlich die Mutter ist.
Ihr Vertrauen in die Väterfeindlichkeit unseres Systems ist so groß, dass sie jede Zustimmung deshalb verweigert.
Besonderheit:
Dass das Wechselmodell bei dieser Konfliktlage zwischen den Eltern trotzdem noch weiterläuft, ist einerseits der defizitären Aufstellung der Mutter zu verdanken und außerdem der Tochter, die darauf besteht, den Vater weiterhin verlässlich zur Verfügung zu haben.
Wenn er es schafft, diese Kur zu einem Highlight werden zu lassen, wird dieses Mädchen sehr atypisch die schwierige Zeit überstehen, in der die meisten Trennungskinder einen Elternteil ausblenden.
Antrag des Vaters vom 21.03.2024
Antrag auf Einstweilige Anordnung auf Ersetzung der Zustimmung der Mutter zur Vater/Kind-Kur vom 27.03.24 – 17.04.24
Das Kind
NN
betreffend, stellt
NN
Antragsteller/Vater,
gegen
NN
Antragsgegnerin/Mutter,
den Antrag
auf Ersetzung der Zustimmung der Mutter zur Vater/Kind-Kur vom 27.03.24-17.04.24.
Begründung:
Seit dem 15.02.2024 ist die Mutter darüber informiert, dass eine Vater/Kind-Kur geplant und bewilligt wurde. Es ist alles zur Durchführung vorbereitet.
Von der Schule liegt die Genehmigung über die Schulfreistellung des Kindes für den Schulzeitraum vom 08.04.2024 bis 17.04.2024 vor (die Osterferien wurden unter Vermittlung des Jugendamtes mit den Herbstferien getauscht).
Beweis: Mail 20. März 2024 um 14:35 Uhr vom Schulleiter
Das Jugendamt unterstützt die Kur.
Zitat:
„Nach Gesprächen mit Ihnen beiden halte ich Folgendes fest: Ich unterstütze hiermit den Antrag des Vaters zum Besuch der Kur mit seiner Tochter.“
Beweis: Mail vom Dienstag, 19. März 2024 um 14:17 Uhr vom Jugendamt
Die Mutter des Kindes verweigert trotzdem die Zustimmung zur Verwendung der Schulzeit und damit insgesamt zur Kur des Kindes.
Beweis: Ablehnende Mail vom 21. März 2024 um 10:56 Uhr von der Mutter
Ostern 2023 hat die Mutter des Kindes ohne Informierung und Zustimmung des Vaters das Kind in der Schulzeit ins Ausland gebracht.
Zitat:
„Leider wurde es allerdings versäumt bzgl. der Überschreitung der Umgangstage der Mutter eine ausdrückliche schriftliche Genehmigung des Einverständnisses des Vaters einzuholen.“
Beweis: Beiziehung Verwaltungsgericht Akte 25 L 615/23 Zeichen 51/511/11-K 14/23
Verhandlung am 26.03.2024 (1 Tag vor Kur-Start)
Die Mutter erscheint nicht, weil sie schon Urlaub in ihrem Ursprungsland macht.
Beschluss
Dem Kindesvater wird die Entscheidungsbefugnis über die Vater-Kind-Kur des Kindes NN, im Zeitraum 27.03.2024 bis 17.04.2024 zur alleinigen Ausübung übertragen.
Der Beschluss des Amtsgerichts vom 18.07.2022 wird dahingehend abgeändert, dass der Kindesvater im Zeitraum vom 27.03.2024 8:00 Uhr bis zum 17.04.2024, 19 Uhr Umgang mit dem Kind hat und berechtigt ist, diesen Umgang in der Kureinrichtung auszuüben. Nach diesem Zeitraum hat die oben bezeichnete Umgangsregelung weiterhin Gültigkeit.
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Die Beteiligten werden gemäß §89 Abs. 2 FamFG darauf hingewiesen, dass das Gericht bei schuldhartem Verstoß gegen vorstehende Umgangsregelung Ordnungsgeld bis zur Höhe von 25.000,00 Euro oder für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann oder keinen Erfolg verspricht, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten anordnen kann.
Verfahrenswert 4.000 Euro
Gründe:
Die Entscheidung beruht auf §1628 S.1 BGB. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht auf Antrag eines Elternteils die Entscheidung einem Elternteil übertragen, wenn sich die Eltern in einer einzelnen Angelegenheit oder in einer bestimmten Art von Angelegenheiten der elterlichen Sorge, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, nicht einigen.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Die Durchführung der Kur ist eine Entscheidung von erheblicher Bedeutung für das Kind. Eine Einigung zwischen den Kindeseltern konnte nicht erzielt werden.
Die Übertragung der Entscheidungsbefugnis hinsichtlich der Kur auf den Kindesvater entspricht nach summarischer Prüfung dem Kindeswohl gemäß §1697a BGB. Die Kur wurde ärztlich empfohlen. Das Jugendamt befürwortet die Durchführung der Kur.
Entscheidend ist der Kindeswille. Die Tochter hat sich in der Anhörung dahingehend geäußert, dass sie die Kur sehr gerne machen möchte und sich schon darauf freut.
Gegen die Durchführung der Kur spricht insbesondere nicht, dass das Kind der Schule für insgesamt acht Schultage fernbleibt. Die Klassenarbeit, die das Kind wegen der Kur verpassen wird, kann nachgeschrieben werden. Zudem hat das Kind nach eigenen Angaben, die das Gericht als glaubhaft einschätzt, mit den Lehrern abgesprochen, dass die Hausaufgaben übermittelt und auch während der Kur angefertigt werden können. Nach den Angaben des Jugendamts lassen die schulischen Leistungen des Kindes das Verpassen einiger Schultage zu. Auch wenn es zutrifft, dass sich die Leistungen des Kindes verschlechtert haben, wie es die Kindesmutter in ihrem Antrag vom 24.03.2024 ausführt, fallen acht verpasste Schultage nicht derart ins Gewicht, dass dem Kind die Kur, die für medizinisch notwendig erachtet wurde, verwehrt werden sollte. Der Schulstoff von acht Schultagen kann problemlos nachgearbeitet werden, zumal das Kind die laufenden Hausaufgaben erhalten und anfertigen wird. Eine Verkürzung der Kur bis zum 07.04.2024 ist nicht zweckdienlich. Die Kur kann nach allgemeiner Erfahrung nur Wirkung entfalten, wenn sie die ärztlich empfohlene Dauer hat. Zudem ist es dem Kindeswohl abträglich, wenn das Kind früher als alle anderen in der Kur befindlichen Kinder abreisen muss und das Programm nicht voll ausschöpfen kann. Eine Beurlaubung des Kindes durch die Schule für die Zeit der Kur ist erfolgt.
Ein Anordnungsgrund gemäß §49 Abs. 1 FamFG ist gegeben. Da die Kur bereits am 27.03.2024 beginnen soll, kann dem Kindesvater das Abwarten einer Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren nicht zugemutet werden.
Die Abänderung der Umgangsregelung beruht auf §1696 Abs. 1 S. 1 BGB.
Nach dieser Vorschrift sind Entscheidungen zum Sorge- oder Umgangsrecht abzuändern, wenn dies aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen angezeigt ist. Die Abänderung für den Zeitraum der Kur ist angezeigt, da die Kur – wie bereits ausgeführt – dem Kindeswohl dient.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§51 Abs. 4, 81 FamFG.
Bei der Wertfestsetzung hat das Gericht berücksichtigt, dass vorliegend Regelungen sowohl zum Umgangsrecht als auch zum Sorgerecht getroffen worden sind.