Diesen Artikel widme ich all jenen, die meinen, es sich immer noch leisten zu können, PAS zu leugnen.
PAS zeigt sich am deutlichsten in seinen Auswirkungen:
Das Kind lehnt den abwesenden Elternteil in einer Art ab, die jedes Maß an vermittelbarer Urteilsfähigkeit, jedes Maß an Respekt, Angemessenheit oder Bildung und jedes Maß an relativierungsfähiger Differenzierung vermissen lässt.
Ich habe in meiner inzwischen fast 20 Jahre dauernden Beratungstätigkeit und der Begleitung von Trennungsfolgen PAS in einer Deutlichkeit bestätigt gesehen, dass ich mich in der Situation sehe, die Existenz der Sonne ungläubigen Blinden beweisen zu sollen.
Ich erlebe Kinder, die schon im Vorschulalter (was selten ist) einen Elternteil vehement ablehnen, beschimpfen, beschuldigen und mit dem Tod bedrohen.
Auf meiner Festplatte sind Tondateien von Kindern, die einem Elternteil in abwertender und aggressiver Gossensprache erklären, dass es sich aus ihrem Leben heraushalten solle.
Ich möchte mich in diesem Artikel nicht damit beschäftigen, wie Kinder so weit gekommen sind, dass sie dies machen. Ich stelle nur fest, dass viele Kinder aus/in Trennungssituationen so handeln.
Und ich möchte mit Bestimmtheit erklären, dass ich dies für ein absolutes NOGO halte. Mit einem solchen Verhalten von Kindern einem eigenen Elternteil gegenüber sind Grenzen überschritten, die nie überschritten werden dürften und ist ein Tabu gebrochen, das eines bleiben sollte. Dieses Tabu ist für mich so ehern gesetzt, wie der erste Schlag innerhalb einer Beziehung ins Gesicht des anderen.
Denn: Auch diese Kinder werden meist wieder zu Eltern und sollten/werden dann in der Schule des Lebens die Quittung dafür bekommen. Sie sollten das erleben und durchleiden müssen, was sie ihrem eigenen Elternteil zugewiesen haben. Das ist zwar deren Kind nicht zu wünschen – aber in meiner Erfahrung funktioniert die Schule des Lebens oft genau so: Kinder reproduzieren die Schicksale ihrer Eltern.
Pubertierende Kinder blasen sich immer wieder in einer selbst gefühlten Grandiosität auf und spielen den mahnenden Therapeuten oder fordernden Bestimmer über das entrechtete Elternteil. Solche absoluten Tabus werden vom kindesbesitzenden Elternteil auch immer wieder provoziert und unterstützt.
In solchen Fällen muss man hoffen, dass die Schule des Lebens die richtige Antwort bereit hält.
Ich zitiere zunächst ein brandneues aktuelles Beispiel.
Beispiel 1
Eine Mutter berichtet mir (zwei Kinder: eine Tochter, Tanja, 9 und einen Sohn, Tom, 13):
Ich berichte vom letzten Samstag, als der Vater bei der Übergabe von Tanja hinter der nur einen Spalt geöffneten Haustüre stand und mich aggressiv ansprach. Ich habe darauf um einen normalen Ton gebeten, worauf sich Tom mit „Er hasst dich, du Idiot!“ eingeschaltet hat.
Auf dem Weg zu mir erklärt sie mir sehr zornig, sie würde nicht mehr zu mir kommen, vorher wolle sie sich umbringen! Ich solle doch weggehen, und sie endlich in Ruhe lassen. „Arschloch“, „Fick dich“, „Durchfall-Arsch“ und kombinierte Variationen und Kombinationen dieser Schimpfwörter begleiten die Fahrt. Während der Fahrt tritt mich Tanja auch mehrfach und heftig in den Rücken und schreit mich an.
Solange ich Essen mache, reißt Tanja wieder ihren Himmelbettvorhang herunter, wirft die Gardinenringe auf den Boden, die Stange auseinandergebaut hinterher. Beleidigt mich.
Sie reißt fast einen ganzen Kopf Salat ab und stopft sich die Blätter in den Mund. Geht hoch, und beginnt den zerkauten Salat herum zu spucken.
Ich muss meinen Telefonapparat außer Reichweite Tanjas bringen, sie versucht, wahllos Nummern anzurufen.
Sie verhält sich extrem übergriffig. Ich erwische sie z.B., wie sie Batterien in die Mikrowelle zu tun versucht, die leere Kaffeemaschine einschaltet, sich im Zimmer einschließt und drin mit Dingen wirft, etc. Sie beschimpft mich wüst, u.a. als „Arschloch“, sie hasse mich, etc. Und erklärt mir schließlich, nun könne ich aber „dem Gericht nicht sagen, dass es klappt“. Sie benehme sich ja sehr schlecht, es funktioniere also nicht.
Danach wird sie kurz still und erklärt mir dann sehr zornig: „Ich hasse dich trotzdem!“
Zwischendurch gibt es ganz normale Situation, in denen wir beide gemeinsam in ein Spiel vertieft sind.
Je näher der Abend und ihre Rückkehr zum Bruder und Vater rückt, desto weniger zugänglich wird Tanja. Beschimpfungen häufen sich wieder, werden schlimmer, auch aggressives und kleinkindhaftes Verhalten nimmt wieder zu.
Auf der Fahrt zurück zum Vater beschimpft mich Tanja massiv und beinahe nonstop. Ich sei keine Mutter für sie, sie komme ganz sicher nächste Woche nicht mehr zu mir!
Tanja schreit mich direkt an „Du spinnst richtig arg!“ „Du bist dumm, ich will nicht zu dir, ich hasse dich über alles!“ Wir brauchen etwa fünf Minuten, bis sie eingestiegen ist, und sich auch angeschnallt hat.
Tanja sagt, ich sei ein Arschloch, Tom bestätigt ihr das, er wisse das.
Tom beschimpft mich „Fick dich“, und schlägt die Tür zu.
Die Unfähigkeit der Professionen in Sachen Erziehung und pädagogischer Haltung allgemein habe ich gerade heute wieder in dem Jugendamt erlebt, das für diesen Fall zuständig ist.
Das Hilfeplangespräch verkam zur formalen Hilfeplanabwicklung:
- Mitteilung der fachlichen Einschätzung zum bisherigen Ablauf
- Mitteilung der fachlichen Einschätzung zur Weiterführung
- Formale Abfrage der Zustimmung der Eltern
In 20 Minuten war das Ganze erledigt.
Dort, wo gerade das Familienhilfeinstrument ansetzen müsste, die Defizite der Eltern oder eines Elternteils wenigstens zu versuchen, auszugleichen, versagen sie. Und dieses Versagen bezieht sich immer auf das Thema Erziehung.
Es geht nur noch darum:
Wie müssen wir uns verhalten, dass uns das Kind oder auch das kindesbesitzende Elternteil als hilfreich beurteilen kann?
Oder: Wie können wir uns nach außen dem Steuerzahler gegenüber als nützlich verkaufen?
Was im Endeffekt dabei wirklich bewirkt wird, interessiert nicht mehr.
Die Kinder sind weiter übergriffig und das Problem wird erst erkannt, wenn diese Kinder später als Erwachsene mit ihren Defiziten wieder im Elternstatus beim Jugendamt aufschlagen und die Akte in der folgenden Generation weitergeführt wird.
Wir sollten bei solchen Vitas einmal mit der Frage ansetzen, was schon eine Generation früher von der Familienhilfe falsch gemacht wurde.
Meine Berichte setzen genau da an.
Ich beschreibe die Fehler der Professionen, die genau dazu führen, dass solche Defizite in die nächste Generation weitergegeben werden.
Dieses Beispiel ist nicht geeignet, daraus ableiten zu können, Mütter wären heftiger von Eltern-Kind-Entfremdung betroffen als Väter.
Das ist einfach nur meiner gerade aktiven Beratungstätigkeit geschuldet, in der einige schwierige Fälle von Müttern eine Rolle spielen.
Ich kann natürlich auch ältere Beispiele anführen.
Beispiel 2
Zunächst aus dem Protokoll einer Kindesanhörung beim OLG:
Frau VBin erwähnte das letzte Treffen von ihr und Peter. Sie erklärte, dass Peter in diesem Gespräch gesagt habe, wenn der Papa nicht aufhört, müsse er aufpassen, ob er irgendwann nicht mal tot sei. Auf Nachfrage, wer denn seinem Vater etwas tun sollte, antwortete Peter: „Ich“. Dies bestätigte er auch in diesem Gespräch hier. Er mache sich darüber viele Gedanken und sei ganz traurig. Diese Gedanken trage er schon lange mit sich herum.
Auf Nachfrage des Gerichts, warum er so eine drastische Meinung hätte, erklärte er unter Tränen, dass er dauernd Fragen beantworten müsse und dass er und seine Mutter eine Therapie machen sollen, aber nie sein Vater. Sein Vater solle auch eine Therapie machen und er soll sie in Ruhe lassen.
Das Gericht erklärte, dass es doch vielleicht nachvollziehbar sei, dass sein Vater ihn sehen wollte. Dazu reagierte Peter nur mit Schulterzucken. Das Gericht meinte, dass es doch wohl nicht sein Ernst sein könne, dass er seinem Vater etwas antun möchte. Darauf antwortete Peter mit „doch“. Er habe auch bereits nachgedacht, wie.
Er habe über seinen Vater Waffen ausprobiert. Der Vater habe einen Tresor gehabt. Dort sei ein langes Gewehr drin gewesen mit einem Schalldämpfer und einem „Zielding“. Es seien auch andere Waffen vorhanden gewesen. Diese Waffen seien jetzt weg.
Frau VBin ergänzte, dass Peter gezeigt habe, wie man mit einem Messer umgehe. Dazu erklärte Peter, dass sein Vater ihm beigebracht habe, mit einem Messer zu werfen. Das Gericht wies darauf hin, dass dies doch nicht die Lösung sein könne und dass er doch sicherlich wisse, dass man so etwas nicht machen könne und sowas noch nicht mal sagen sollte.
Frau VBin erklärte des Weiteren noch, dass Peter große Angst habe, allein zu sein. Wenn seine Mama nicht da sei, wisse er genau, wie er sich verteidige und selbst in der Nähe der scharfen Messer. Dazu erklärte Peter, dass sie sehr scharfe Messer in der Küche haben. Da würde keiner überleben, falls einer mal einbricht, könnte er diese einsetzen. Seine Mutter habe auch ein Messer am Bett. Wenn er alleine sei, würde er im Wohnzimmer Fernsehen schauen. Er halte die Fernbedienung in der Hand. Diese könnte er dann jemanden vor den Kopf werfen, wenn einer kommt. Es wären auch noch weitere Fernbedienungen vorhanden, die er dann werfen könnte. Diese könnten dann auch explodieren.
Beispiel 3
Der Rechtsanwalt einer Mutter schreibt an das Jugendamt:
„…wurde meine Mandantin zuletzt gestern erneut beleidigt, bespuckt, mit einem Glas Wasser übergossen und mit den Worten bedroht
„…hau ab, eh ich Dich heute Morgen umbringe…“
Meine Mandantin fühlt sich insoweit – auch von Ihrer Seite – wenig unterstützt. Offenbar wird das Verhalten des Kindesvaters meist bagatellisiert. Dies erscheint hier bedenklich, zumal als die von ihm ausgesprochenen Tötungsdrohungen inzwischen bereits von der Tochter aufgegriffen werden. Diese äußerte, sie werde meiner Mandantin im Schlaf
„…die Kehle durchschneiden…“
Beispiel 4