Ich erinnere an meine Formel:
Deutsche Familienrechtspraxis = 10% Recht, 40% Ideologie und 50% sozialpädagogische Beliebigkeit.
In den 50% sozialpädagogischem Geschwätz wird alles und das Gegenteil begründet – und immer das, was in den 40% Ideologie zum Ergebnis gekürt wurde.
Ich habe dazu ein aktuelles griffiges Beispiel:
Eine inzwischen 13-jährige Tochter lebt seit vielen Jahren mit dem bauchgesteuerten Narzissmus der Mutter, die in ihrer Bindungsintoleranz den Vater als Grund allen Übels und als störendes Element neben ihrer neuen Familie sieht.
Die Folgen sind klar:
Ferien der Mutter mit der Tochter in den Urlaubsabschnitten des Vaters,
Verweigerung von Kommunikation und Kooperation,
kreative Lösungen im Erfinden von kontaktverhindernden Gründen, etc.
Weder Jugendamt, noch Beratungsstelle, noch Verfahrensbeiständin noch Gericht wollen das Problem erkennen und beraten drauflos – immer ohne Ergebnis, weil der faktische Grund nicht genannt werden darf: Die Mutter muss GUT bleiben.
Nach vielen Jahren ist die Kleinarbeit der Mutter schließlich erfolgreich: Die Tochter übernimmt selbst die Ausgrenzung.
Die Absagemitteilungen sind sehr speziell:
Lieber Papa🌸
Corona verunsichert mich weshalb ich am Wochenende lieber zu Hause bleiben möchte.
Ich hoffe dir geht es gut😊
Bei mir ist alles OK ich habe aber viele Aufgaben von der Schule☹️
Elsa🏇🌈
Hallo Papa🌸
Ich werde in den Ferien nicht kommen, weil ich sehr viel zu tun habe.
Aber ich könnte nach den Ferien ja mal samstags kommen…
Elsa🏇🌈
Je härter die Absage, desto umfangreicher ist sie mit Blümchen und weiteren positiven Emoticons garniert.
Fast alle Ferien beim Vater fielen in diesem Jahr bisher aus und seit Monaten gibt es keinen Kontakt mehr – in glatter Verweigerung der ordnungsmittelbewehrten familiengerichtlichen Vereinbarung. Darin war von vier „Jokern“ jährlich die Rede: Vier Mal im Jahr kann die Tochter irgendwas anderes als Vater während dem „Umgangs“-Wochenende attraktiver finden.
Dieses Jahr bestand aber fast nur aus Jokern.
Jetzt hat das Jugendamt nach vielen Jahren zum ersten Mal die Tochter angehört. Natürlich hat das Jugendamt gewartet, bis die Destruktion der Mutter perfekt gelungen war.
In seiner Stellungnahme ist zu lesen:
„Mutter und Tochter haben bestätigt, dass Umgangsbesuche seit 09.02.2020 nicht mehr, und zu Beginn der Pfingstferien nur verkürzt stattgefunden haben. Hierbei wurde die Tochter von der Mutter zwar an die Umgangsbesuche erinnert, jedoch nicht wider ihren Willen gezwungen, die Besuche wahrzunehmen.“
Warum werden nur die beiden Extreme „erinnern“ und „gezwungen“ genannt und warum wird das eigentliche Handlungsfeld, das zwischen diesen Extremen liegt, gerade von den professionellen SozPäds des Jugendamtes völlig ignoriert?
Nach §1684 BGB hat die Mutter – folgt man allen Kommentaren dazu – die Aufgabe, alles zu tun, um die Beziehung der Tochter zum Vater positiv mitzugestalten. Insofern meint §1684 das, was man Bindungsfürsorge nennt. „Erinnern“ ist die Mindestfolgerung aus Bindungstoleranz, genügt aber den Anforderungen von Bindungsfürsorge in keiner Weise. Die Mutter trägt die Mitverantwortung für die Qualität der Beziehung ihrer Tochter zum Vater. Davon ist diese Mutter Galaxien weit entfernt.
„Im Beisein von zwei Mitarbeitern des Jugendamtes hat die Tochter in einem langen und ausführlichen Gespräch geschildert, wie es ihr bei den Besuchen beim Vater geht und warum sie den Vater nicht so häufig besuchen möchte. Hierbei trat deutlich zu Tage, dass in erster Linie ein enormer Druck und Zwang, der mit den Besuchen beim Vater verbunden ist, eine erhebliche Belastung für das Kind darstellen und sich auf die Beziehung der Tochter zu ihrem Vater negativ auswirken.“
Diese beiden „Mitarbeiter“ waren eine Sozialpädagogin, die für diesen Bericht verantwortlich zeichnet und ein studentischer Praktikant.
„…wie es ihr bei den Besuchen beim Vater geht und warum sie den Vater nicht so häufig besuchen möchte.“
Das macht natürlich neugierig. Hier könnte tatsächlich der Schlüssel zum Problem liegen.
„… enormer Druck und Zwang, der mit den Besuchen beim Vater verbunden ist,…“
Zu was zwingt der Vater seine Tochter, wenn sie bei ihm ist? Welcher Druck geht vom Vater aus?
Völlig rätselhaft wird dies, wenn man weiß, dass die Begegnungen, die stattfinden konnten, sehr harmonisch verliefen und perfekt zu den Emoticons in den Absagen passen.
Welche Vorwürfe gibt es trotzdem?
„Die Tochter möchte, dass sie in ihrem Befinden und ihren Wünschen vom Vater endlich ernst genommen und respektiert und sie hier nicht weiterhin ignoriert wird. ln der Vermittlung ihrer Position an den Vater kann sich die Tochter eine Anhörung bei Gericht gut vorstellen….“
Und immer noch ist unklar, wie der Vater während den harmonischen Begegnungen seine Tochter nicht ernst nimmt, nicht respektiert, ignoriert und übergeht.
Aber vielleicht wurde nur so daher geschrieben, dass das Unwohlsein sich auf die Begegnungen bezieht. Vielleicht laufen diese tatsächlich sehr harmonisch ab und die Kritik bezieht sich ausschließlich darauf, dass die Tochter alle Begegnungen absagt – ohne einen Grund dafür zu nennen. Als einziger Grund wird dann inszeniert, dass der Vater sich gegen eine Abschottung von seiner Tochter wendet. Und das Jugendamt stilisiert dieses Festhalten an der Vater-Tochter-Beziehung zur Verweigerung des Vaters, seine Tochter als 13-Jährige insgesamt nicht ernst nehmen zu wollen.
Es verwundert zwar, dass dies von den Profi-SozPäds nicht erkannt wird, passt war insgesamt gut in die allgemeine Kritik an der mangelhaften Professionalität der Jugendämter.
„Aus fachlicher Sicht des Jugendamtes kann mitgeteilt werden, dass die Ausführungen der Tochter authentisch und stimmig waren. Sie befindet sich altersgerecht in der Phase verstärkter Autonomieentwicklung und bemüht sich hier nach Kräften, ihre Position, ihr Befinden, ihre Bedürfnisse sowie ihre Vorstellungen bzgl. der Besuche beim Papa diesem nahe zu bringen, erfährt aber kein adäquates Verständnis. Vor allem im Hinblick auf die weitere Entwicklung der Tochter, hervorzuheben sind Selbstwirksamkeit, Eigenverantwortung und·Autonomie aber auch im Hinblick auf die Beziehung des Kindes zum Vater ist es erforderlich, dass der Vater die Wünsche seiner Tochter als deren eigene Wünsche wahrnimmt und ihr deutlich mehr Verständnis und Freiraum zur Gestaltung der Besuche entgegenbringt. Die Tochter zeigte sich enttäuscht und wütend darüber, dass ihre Wünsche vom Vater einfach ignoriert und der Kindsmutter zugeschrieben werden.“
Aha…, es geht also tatsächlich nicht darum, dass die Begegnungen von Vater und Tochter so ablaufen, dass die Tochter sich nicht genug wahrgenommen fühlt. Es geht ausschließlich um die Verweigerung von Beziehung, die der Vater sich von einer 13-Jährigen eben gefallen lassen muss, weil diese inzwischen autonom genug ist, um ihr Leben gestalten zu können.
Das kann nur verbildeten SozPäds einfallen.
Nicht die Eltern entscheiden über den Lebensweg ihres Kindes, sondern das Kind wird auch in der Pubertät dazu missbraucht, um den Lebensweg des im Residenzmodells als Verlierer abgestempelten Elternteils bestimmen zu können.
Das kann nur verbildeten SozPäds einfallen.
Da fehlt nur noch die Frage an die 13-Jährige:
„Willst Du Deinem Vater nicht doch noch eine Chance geben?“
„Ein Verschulden bzw. eine Einflussnahme der Kindsmutter in Bezug auf Aussetzung des Umgangs ist nicht festgestellt worden.“
Natürlich.
Was sonst auch?
Wenn frau die jugendamtliche SozPäd-Brille aufhat, kann frau das auch nicht feststellen.
„Aus Sicht des Jugendamtes ist es für die weitere Entwicklung des Kindes wichtig, dass die Ursache misslingender Umgangsbesuche nicht einer Streitigkeit der Eltern zugerechnet wird, sondern eine Vermittlung der Wünsche des Kindes an den Vater stattfindet.“
Ich kritisiere schon seit Jahren, dass die Jugendämter in Sachen Erziehung völlig versagen. Anstatt gelingende Erziehung zu unterstützen, missbrauchen sie situative Befindlichkeiten von Kindern unhinterfragt, um das (meist mütterzentrierte) Residenzmodell zu stützen und Eltern zu separieren. Die Ausgrenzung eines Elternteils ist politisch-ideologisches Programm, was von willfährigen HerferInnen in den Jugendämtern meist bedenkenlos umgesetzt wird.
Wenn morgens um 6.30 Uhr die Mutter ihre Tochter weckt und diese meint: „Ich habe heute null Bock auf Schule!“ müssen wir doch erwarten, dass diese Mutter ihre Tochter ernst nimmt, respektiert und nicht ignoriert oder übergeht.
Oder was?
Zuschrift eines Vaters am 20.07.2020:
Hallo Franzjörg,
leider ist Dein griffiges Beispiel kein Einzelfall. Es gibt viele Parallelen zu meinem Fall. Meine Tochter ist 14 und konnte sich im Alter von 13 unter dem Druck und mit Unterstützung der Mutter sogar entgegen eines Gutachtens von ihrem Vater trennen.
Die Gespräche und Begründungen der zuständigen Jugendamts-Mitarbeiterin ähneln sich frappierend. Das scheint ein bewährtes Argumentationsmuster zu sein, wenn man die Entfremdung eines Kindes ab 12 Jahren als normale Entwicklung von Autonomie und Selbstwirksamkeit rechtfertigen möchte.
Wie kann man die totale Ablösung von den Eltern bzw. einem Elternteil mit 12 Jahren als normal ansehen? Wie kann man den Widerstand des betroffenen Elternteils als fehlendes Verständnis für das Kind ansehen?