Auf RP-online erschien am 04.05.2016 ein Artikel unter dem Titel „Vereinfachungsgesetz für Hartz IV – Ministerin Schwesig will Alleinerziehenden helfen“.
Konkret geht es darum, dass die Abrechnungspraxis für das gängige Verfahren, das bei Hartz IV beziehenden Eltern die Tagessätze für das Kind analog zur Betreuungszeit beiden Eltern jeweils angerechnet wird, vereinfacht werden soll. Die „Alleinerziehenden“-Lobby nützte dies erneut zu Proteststürmen und meint, die armen Kinderbesitzerinnen würden damit benachteiligt.
„Alleinerziehend“ ist in Deutschland jede Person, der im politisch korrekten Residenzmodell die Verfügungsgewalt über ein Kind zugewiesen wurde. Mehr noch: Selbst bei Gemeinsamem Sorgerecht hat diese Verfügungsgewalt die Person, die den Hauptaufenthaltsort des Kindes in ihrem Besitz hat. Dazu genügt auch die Zustimmung des zweiten gemeinsam Aufenthaltsbestimmungsberechtigten, weit überwiegend der Vater – dem meist nichts anderes übrig bleibt als zuzustimmen, weil in Deutschland eben Mütter von Natur aus „gut“ sind (weshalb sie immer ab Geburt unangefochten das Sorgerecht besitzen) und deshalb auch zu 95% eben diesen Hauptaufenthaltsort (HAO) zugewiesen bekommen. Die Lobby der Mütterverbände argumentiert auch, dass die Person, die im Besitz des HAO ist, auch das Alleinige Sorgerecht besitzen sollte. Zumindest erfährt man dies aus allen Kommentaren in der Geschichte des Sorgerechts in Deutschland.
Hauptaufenthaltsort und Verfügungsgewalt sind selbstverständliche Identitäten, weil dasjenige Elternteil, das von den staatlichen Organen als Inhaber der Residenz des Kindes angesehen wird, immer bevorzugt wird. Das führt soweit, dass dieses Elternteil (fast immer die Mutter) nach den Ohren der familialen Professionen immer die Wahrheit für sich gepachtet hat und das „abwesende“ Elternteil immer potentiell lügt.
Die Macht, die damit mit dem HAO verbunden ist, führt dazu, dass sie benutzt wird, um sich im „Besitz des Kindes“ zu wähnen. Erst vor wenigen Tagen konnte ich in einem Brief einer Mutter an den getrennt lebenden Vater des Kindes den Satz lesen: „Ich habe das Kind aus mir heraus gepresst und kann deshalb mit ihm machen, was ich will!“
Diese Haltung kann nur mit der Vokabel „Kinderbesitz“ korrekt bezeichnet werden.
Und mit eben diesem Besitzanspruch im Residenzmodell korrumpiert unser gesellschaftspolitisches System insbesondere Mütter. Alle Ebenen im System sind entsprechend gleichgeschaltet. Jugendämter, Berater/innen, Verfahrenspfleger/innen, Gerichte, Gutachter, etc. sind versucht, Müttern bedingungslos zu glauben und gegenüber Vätern misstrauisch zu sein; Polizisten erkennen Mütter (nahezu) immer als Opfer und Väter pauschal als Täter und selbst Staatsanwälte/innen meinen, dazu berufen zu sein, Mütter notorisch als strafunmündig zu behandeln und sie vom Überwechseln aus dem Familienrecht ins Strafrecht bewahren zu müssen.
Selbst das BVerfG meinte noch am 29.01.2003, dass Mütter von Natur aus gut seien und deshalb als nichteheliche Mütter das Alleinige Sorgerecht besitzen müssen. Unser BVerfG würde dies wohl noch heute für verfassungskonform halten, wenn ihm der Europäische Gerichtshof für Menschenrecht 2010 nicht erklärt hätte, dass seine Überzeugung menschenrechtswidrig ist. Und der BGH entschied noch am 12.12.2007, dass es juristisch korrekt sei, wenn das allein für die Zerrüttung der Elternbeziehung verantwortliche Elternteil das Alleinige Sorgerecht erhalte. Seither wird „Alleinerziehenden“ von ihren Anwälten/innen geraten, sich jeder Kommunikation zu verweigern, weil sie dafür vom Staat belohnt werden würden.
Wen wundert es, wenn viele Frauen anstreben, „alleinerziehende“ Mütter zu werden?
Weitestgehend alleinerziehend sind natürlich verwitwete Mütter. Und Mütter, die nachweislich – auch nach Ansicht des betroffenen Vaters – von diesem mit dem Kind allein und ohne Unterstützung gelassen wurden. Aber selbst diese sind meist nicht allein erziehend, weil Kindergarten, Schule, der aktuelle Partner, die eigene Familie, etc. mit erziehen und unterstützen.
Aber heute sind darüber hinaus – politisch korrekt – auch folgende Mütter „alleinerziehend“:
- Mütter, die in Tateinheit mit den Institutionen den Vater des Kindes zumindest teilweise ausgebootet haben
- Mütter, die schon vor dem Entschluss für das Kind eben nur den Besitz eines Kindes wollten und nie auch die mögliche Einmischung durch den Vater
- Lesbische Mütter, die mit dem (auch anonymen) Vater des Kindes nie eine Verbindung hatten und wollten – und schon gar nicht dessen Verbindung zum Kind
- Und sogar Mütter, mit denen der Vater bis zu 49% mit erzieht!
Unser System korrumpiert also entsprechend disponierte Frauen, sich den Besitz eines Kindes zu sichern, um danach als Alleinverfügungsberechtigte glauben zu können, dass dieser Besitzstand der Beweis dafür sei, dass sie schon immer alles richtig gemacht hätten und auch immer alles richtig machen würden.
„Ab sofort mache ich nur noch, was mir nützt und Du wirst sehen, dass ich darin von allen unterstützt werde!“
Diesen Satz habe auch ich noch deutlich im Ohr.
Wenn jemand die Vokabel „alleinerziehend“ benutzt, habe ich alles oben Geschriebene (und eine Menge sonst noch) im Hinterkopf. „Alleinerziehend“ war schon immer ein (politisch korrekter) Fake. Das durfte Jahrzehnte lang nicht gesagt werden. Wir wussten das und arbeiteten damit, aber immer, wenn wir das auch sagten, wurden wir dafür abgestraft. Inzwischen darf es gesagt werden. Zumindest seit die SZ am 20.04.2015 titelte: „Getrennt heißt nicht alleinerziehend“.
Die Politik schert das einen feuchten Dreck. Sie tut beratungsresistent und uneinsichtig weiter so, als wäre ihr Fake noch nicht aufgeflogen. Und die Lobby der Mütter im Verein mit allen entsprechenden Organisationen lamentieren drauflos und jammern über das Schicksal der armen Alleinerziehenden.
Zur Klärung:
Nicht alle Alleinerziehenden haben einen selbst gewählten privilegierten Status. Es gibt auch tatsächlich unterstützenswerte allein erziehende Mütter (und wenige Väter). Wir müssen aber lernen, nicht jeden Fall von gefühltem Kindesbesitz reflexartig mit „alleinerziehend“ identifizieren zu müssen.
Zunächst stellte ich zum Artikel einige Fragen:
Warum gibt es in Deutschland nur einen Juristinnenbund, der laut aufheult, wenn es darum geht, Vorrechte für Frauen und Mütter einzuschränken? Warum gibt es den Juristenbund nicht, der ebenso deutlich die Rechte von Männern und Vätern stärkt – oder zumindest dort deutlich wird, wo Männer und Väter diskriminiert werden? Warum hat kein Juristenbund je bemängelt, dass Betreuungsunterhalt leistende Mütter bevorzugt werden, dass aber diejenigen, die das Ganze finanzieren, gerade bei der Finanzierung behandelt werden, als wären Kinder und Ex-Frau Hobbyausgaben, die ein Mann sich eben leichtsinnigerweise leistet?
Warum gibt es den Trennungsvater, der mit 49% Umgang (das Kind ist eine Nacht in 2 Wochen länger bei der Mutter als beim Vater) die vollen 100% Kindesunterhalt an die Mutter leistet, organisiert von einem deutschen Familiengericht und garantiert vom Staat? Mutterschaft als ökonomisches Lebensplanungsmodell und dem Staat als Garant des Funktionierens?
Und warum muss es den Vater geben, der mit der Mutter seiner Kinder nach der Trennung einen Deal machen muss: Sie bekommt für 10 Jahre das große Haus, den großen Wagen und 2000 Euro monatlich dafür, dass der Vater seine Kinder zu 50% betreuen darf? Warum leben wir in einem System von Alimentierung nach Trennung und Scheidung mit Kindern, das solche Kinderhandelgeschäfte erst möglich macht?
Warum wird das Kinderzimmer bei der Mutter voll gewertet, das Kinderzimmer beim Vater aber nicht? Warum all diese krassen Diskriminierungen in unserem System – nur auf Grund des Geschlechts?
Und niemand darf dies öffentlich formulieren, weil er sonst als rechtsradikal, gewaltbereit, frauenfeindlich, homophob, etc. etikettiert wird?
Und – verdammt noch mal – welche Politikerin oder welcher Politiker (gerade aus dem Spektrum Mitte-Links) hat die Persönlichkeit, diese Fragen zu beantworten, ohne Floskeln und ohne Ausweichen (ja, ja, Frauen sind immer noch nicht gleichberechtigt…)?
Und dann zu weiteren Details im Artikel:
Schwesig: „Wichtig bei einer neuen Regelung im SGB II ist, dass diese nicht zu Lasten jener geht, die alleinerziehend sind“. Und damit ist gemeint, dass einer Mutter für die Tage, an denen das Kind beim Vater ist, keine für das Kind gedachte Geldzuweisung genommen und dem Vater gegeben werden darf. Denn: „Die Grünen-Politikerin (Dörner) betont, wenn ein Kind, das bei der Mutter lebe, das Wochenende beim Vater verbringe, entstehe dort ein Mehrbedarf, bei der Mutter aber nicht ein geringerer Bedarf.“ Damit ist wiederum gemeint, dass die Verpflegung des Kindes vernachlässigbar sei und dass alle anderen Kosten wie z.B. der auf das Kind entfallende Mietanteil trotzdem anfallen würden. Es wird also davon ausgegangen, dass jeder Umgangs-Vater sein Kind in der Einzimmerwohnung auf eine Matratze in der Ecke legen und dass dies ja schließlich keine zusätzlichen Kosten erzeugen würde. Kinderzimmer beim Vater wurden und werden hartnäckig ignoriert. Kinder (und deren Mütter) sind Hobbyausgaben von Vätern wie ein Motorrad. Sie werden auf jeden Fall politisch und vom Finanzamt so gewertet. Vatersein ist Hobby, während Muttersein ein zu finanzierendes Schicksal ist. Vom Vater und natürlich – und vom Vater Staat. Und der bekommt sein Geld wiederum mehrheitlich von Männern.
Und dann die Grafik:
copyright bei RP-online / Quelle: Statistisches Bundesamt
Sie will verdeutlichen, dass bei sinkenden Scheidungszahlen (und damit assoziiert man Trennungen mit Kindern allgemein) die Quote der Alleinerziehenden (Mütter) steigt.
Nach 2005 sanken die „Scheidungs“-Zahlen tatsächlich, aber eben nicht die Zahlen der Trennungen mit Kindern. Die Trennungen nicht ehelicher Eltern mit Kindern stiegen danach deutlich an – und damit auch die Trennungen mit Kindern insgesamt. Es wird also so getan, als würde das Verschwinden der Telefonzellen bezeugen, dass die Menschen nicht mehr telefonieren. Und die Zahlen der „Alleinerziehenden“ ist mit dem Zusatz vermerkt: „Anteil Alleinerziehender an allen familiären Lebensformen“. Dazu gehören z.B. auch Lesben mit Kindern.
Auch die Kernaussage der Grafik ist also ein Fake.
„Die Fachwelt ist empört“. Und zu dieser Fachwelt gehört der Deutsche Juristinnenbund, der seine Kompetenz daraus zieht, dass es keinen Deutschen Juristenbund gibt und dass es politisch korrekt ist, allein Frauen zu fördern. Männer seien in keinen Bereichen förderungswürdig, weshalb wir auch kein Pendant zum Juristinnenbund brauchen. Das ist immer noch politisch korrekt – aber natürlich Blödsinn.
„Der Verband der alleinerziehenden Mütter … forderte einen „Umgangskinder-Mehrbedarf“ für Alleinerziehende“. Und Schwesig meint dazu: „Wir müssen uns genau anschauen, ob hier Mehrbedarfe bestehen“.
Auf das Ergebnis darf man gespannt sein.