Ein Offener Brief von Torsten Sommer zum Artikel im SPIEGEL vom 25.01.2019
„Das zerrissene Band“
Sehr geehrte Frau Großbongardt,
mit großem Interesse habe ich Ihren Artikel “Das zerrissene Band” in der aktuellen Ausgabe des SPIEGEL vom 25.01.2019 gelesen. Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie sich diesem Thema gewidmet haben und hoffe, Ihr Artikel wird zur weiteren Aufklärung dieser Praxis in der DDR beitragen!
Einige der Fakten, von denen Sie berichten, kamen mir allerdings bedrückend vertraut vor:
- Wann immer Kinder von den Eltern getrennt wurden, war die sogenannte „Jugendhilfe“ beteiligt.
- Es geschah häufig unter dem Vorwand, dies sei besser für die Kinder bzw. die Eltern wären nicht erziehungsgeeignet.
- Es waren die Gerichte, die letztendlich die Entscheidungen trafen, und zwar aufgrund von Gesetzen, welche diese Willkür ermöglichten.
All dies trifft auch aktuell auf die stetig steigende Zahl von Inobhutnahmen in der Bundesrepublik Deutschland und auf die in 90% aller Scheidungen und Trennungen angeordnete Trennung der Kinder von ihren Vätern zu.
Die subjektive Einschätzung einer einzigen Mitarbeiterin der sogenannten „Jugendhilfe“ (es sind weit überwiegend Frauen) genügt, um eine sofortige Inobhutnahme zu ermöglichen, und diese genügt meist auch, um bei Gericht eine dauerhafte Trennung von Kindern und Eltern zu erwirken. Begründungen oder Beweise sind nicht erforderlich, da das Kindeswohl ganz offiziell als “unbestimmter Rechtsbegriff” definiert wird und daher allein in das Ermessen der Mitarbeiterin der Jugendhilfe fällt.
In vorauseilendem Gehorsam empfiehlt die Jugendhilfe dem Gericht eine bestimmte Entscheidung (wozu sie nicht verpflichtet wäre). Dankbar dafür, dass die Jugendhilfe in ihrer Stellungnahme dem Gericht die Arbeit einer “Beweisaufnahme” sowie einer Beschlussbegründung schon abgenommen hat, übernimmt das Gericht fast immer und ohne weitere Prüfung das in seine Beschlüsse, was die Jugendhilfe empfiehlt (ich kann Ihnen dafür gerne konkrete Beispiele liefern).
Sie werden vielleicht einwenden, Kinder und Väter hätten schließlich ein Recht auf Umgang miteinander. Dieses Recht ist aber wertlos, da die Gerichte selbst ihre eigenen Beschlüsse zum Umgang zwischen Kindern und Vätern gegen solche Mütter, die den Umgang vereiteln, so gut wie nie durchsetzen, sondern solche Mütter über Jahre hinweg gewähren lassen, bis Kinder und Väter einander völlig entfremdet sind, bis das Band endgültig zerrissen ist. Auch dafür kann ich Ihnen genügend konkrete Beispiele liefern, nicht zuletzt mein eigenes.
Ihr Kollege Herr Jahn Fleischhauer bestätigt mich in meiner Sichtweise deutscher Familiengerichte, wenn er in seinem Artikel “Der Höllenritt” in der Ausgabe des SPIEGEL Nr. 40 vom 30. September 2017 auf Seite 53 schreibt:
“Wer den völligen Zusammenbruch menschlicher Zivilisation erleben will, muss nicht nach Mali oder in den Sudan fahren. Es reicht, einen Tag an einem deutschen Familiengericht zu verbringen.”
Dabei ging es in seinem Fall noch nicht einmal um Kinder.
Lediglich die diesen Menschenrechtsverletzungen zugrundeliegende Ideologie ist eine andere: In der DDR wurde die Zerstörung von Familien mit dem Sozialismus gerechtfertigt, im wiedervereinten Deutschland ist sie meist von durch jahrzehntelange Propaganda genährte Vorbehalte gegen Männer beeinflusst, welche pauschal als weniger erziehungsgeeignet und als potentiell gewalttätig betrachtet werden (Wortlaut der Vizepräsidentin des Oberlandesgerichts Nürnberg Waltraut Baierlein auf meinen Antrag, die Erziehung meiner Kinder hälftig mit deren Mutter zu teilen: “Wie wollen Sie das denn machen?”. Würde jemals ein deutsches Gericht einer Mutter eine so ungeheuerlich dumme Frage stellen?).
Für Kinder und Eltern macht es aber keinen Unterschied, mithilfe welcher Ideologie die Zerstörung ihrer Familien gerechtfertigt wird. Das Resultat ist immer das gleiche: Das Band wird zerrissen!
Es läuft immer in ähnlicher Weise ab, wenn ein autoritärer Staat sich zwischen Kinder und ihre Eltern stellt; ob das nun die Zwangsadoptionen der Kinder der australischen Aborigines oder das Schicksal der Verdingkinder in der Schweiz der Nachkriegszeit sind – immer werden solche Verbrechen unter dem Vorwand des Kindeswohls begangen, immer auf der Grundlage geltender Gesetze, und immer gerade von den Institutionen, die dafür geschaffen wurden, Kinder zu schützen.
Daher kann ich zwischen dem, was mit Kindern und Eltern in der DDR gemacht wurde, und dem, was – in womöglich noch viel größerem Ausmaß – mit Kindern und Eltern in der Bundesrepublik Deutschland gemacht wird, keinen grundsätzlichen Unterschied sehen. Ob aufgrund sozialistischer oder aufgrund feministischer Verblendung – die Mechanismen und die Methoden von Willkür und Machtmissbrauch sind die gleichen.
Einen wesentlichen Unterschied zur DDR gibt es allerdings:
In der Bundesrepublik müssen Väter dafür, dass man ihnen ihre Kinder nimmt, auch noch jahrelang an deren Mütter zahlen; oft so viel, dass ihnen trotz Vollzeit- und Nebenerwerbstätigkeit weniger als einem Hartz-IV-Empfänger zum Leben bleibt (die Euphemismen für diese Art von Sklaverei sind “fiktives Einkommen” und “erhöhte Erwerbsobliegenheit”).
Das wird der Öffentlichkeit unter einem weiteren irreführenden Euphemismus, dem des “Kindesbarunterhalts” und als „Rechtsanspruch der Kinder” verkauft (gerechtfertigt übrigens mit Gesetzen aus der Zeit der vorletzten Jahrhundertwende), obwohl es die Mütter sind, die das Geld einstreichen, und niemandem Rechenschaft abgeben müssen, wofür sie es ausgeben. Dahinter steckt eine feministische Ideologie, welche die Väter so weit entwertet, dass man glaubt, ihre Rolle im Leben ihrer Kinder problemlos durch deren Geld ersetzen zu können.
“Kindesentfremdungszwangsprämie” wäre wohl eine Bezeichnung mit deutlich mehr Wahrheitsgehalt als der heuchlerische Begriff “Kindesbarunterhalt”. Diesen angeblichen Rechtsanspruch der Kinder setzt der deutsche Staat gegen die Väter schonungslos durch, ohne jegliche Rücksicht darauf, dass auch die Väter von irgendetwas leben müssen. Den Rechtsanspruch der Kinder auf Fürsorge durch beide Eltern hingegen setzt er nicht nur nicht durch, sondern verletzt ihn aktiv und routinemäßig! Die Ausführenden dieser Verletzungen elementarster Grundrechte sitzen in der sogenannten Jugendhilfe und in den sogenannten Familiengerichten.
Aber es sind ja immer nur andere Staaten und andere Zeiten, auf die wir mit dem Finger zeigen, weil immer nur woanders und wannanders Menschenrechte mit Füßen getreten werden und wurden. Dass dies aber auch in unserem Staat und in unserer Zeit passiert, will man mal wieder nicht wahrhaben. Wie damals!
Ich gebe dennoch die Hoffnung nicht auf, dass vielleicht in dreißig Jahren ein Artikel im SPIEGEL erscheint über die Aufarbeitung des “Unrechts” und der “Willkür”, welche Kinder und Eltern noch zu Beginn des 21. Jahrhunderts in Deutschland, dem angeblichen Rechtsstaat, erleiden mussten. Ich wünsche mir nur, dass ich dies noch erleben darf!
Es wäre natürlich positiv für den SPIEGEL, wenn er dann darauf verweisen könnte, dass er bereits 2019 auf das Unrecht und auf die Willkür in deutschen Familiengerichten und bei der deutschen Jugendhilfe aufmerksam gemacht hat.
Wie wär’s?
Mit freundlichen Grüßen
Torsten Sommer