Die derzeitige Situation im deutschen Familienrecht ist im Umbruch. Wir befinden uns aktuell im Kampfgebiet zwischen zwei ideologischen Territorialbereichen: Dem herrschenden Residenzmodell und dem sicher aufkeimenden Doppelresidenzmodell.
Zwischen den mit Zähnen und Klauen die mütterlichen Privilegien verteidigenden Mütterverbänden, den mit internationaler Unterstützung argumentierenden Doppelresidenz-Vertretern, überforderten und an veraltete Prinzipien gebundenen Gerichten und einer immer noch in der Mehrzahl mütterzentrierten Beratungsszene wabert der tägliche Familienrechtsalltag fast ohne wirkliche verlässliche Orientierung.
Noch nie war die Unsicherheit im familienrechtlichen Alltag so groß wie heute.
„Rechts“-Sicherheit gab es im Familienrecht eh noch nie.
Typisch für diese Situation ist der folgende Antrag eines Vaters:
Der Antragsteller wünscht sich, dass weiterhin das Wechselmodell beim Umgang mit dem gemeinsamen Kind Leo gelebt wird.
Die Eltern haben bereits einmal unter dem Aktenzeichen xy ein gerichtliches Verfahren verfolgt, bei dem es um die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes auf die Kindesmutter ging. In diesem Verfahren wurde ein Verfahrensbeistand beigezogen, der versuchte, mit den Eltern einen Konsens zu finden. Damals wurde der Antrag von der Mutter zurückgezogen, ohne dass die ausgehandelte Vereinbarung von ihr unterschrieben wurde. Diese Vereinbarung liegt zur Information des Gerichts bei.
Zur Information des Gerichts soll folgende Sachverhaltsdarstellung ausgeführt werden:
Der gemeinsame Sohn Leo ist im April 2013 geboren, die Eltern sind nicht verheiratet, es besteht die gemeinsame elterliche Sorge. Die Eltern haben sich im Januar 2015 getrennt. Damals ist der Kindesvater auf Wunsch der Kindesmutter ausgezogen.
Seit diesem Zeitpunkt erfolgt Umgang im Wechselmodell. Zunächst erfolgte der Umgang nach Absprache. Es pendelte sich dann daraufhin aus, dass die Kindesmutter Leo mittwochabends zum Vater brachte und dieser ihn dann am Wochenende – wobei flexibel gehalten wurde, ob Samstag oder Sonntag – wieder zur Mutter zurückbrachte. So wurde bis zu den Sommerferien 2015 verfahren.
Dann wollte die Mutter den Mittwochabendwechsel nicht mehr haben und setzte eigenhändig fest, dass der Wechsel jetzt am Donnerstag durchgeführt wird. Der Kompromissvorschlag des Vaters dazu war, dass er das Kind dann erst montags zurückbringe. Daraus ergab sich dann das Problem, dass Leo immer am Wochenende beim Vater ist, da die Regelung wesentlich starrer ist.
Wichtig war auch die Frage für die Eltern, wo denn Leo in den Kindergarten geht, ob in Darmstadt beim Vater oder in Mannheim bei der Mutter. Es fanden Mediationsgespräche bei der Psychologischen Beratungsstelle (PBS) statt. Zunächst Einzelgespräche, dann ein gemeinsames Gespräch, das die Kindesmutter aber schnell verließ. Weiterhin fand der Wechsel donnerstagabends statt und der Vater brachte Leo montags zurück. Die Absprachen zwischen den Eltern wurden aber immer problematischer, insbesondere was die Ferien betraf.
Besonders die Frage der Pfingstferien wurde schwierig. Der Vater wusste bis zur letzten Minute nicht, wann er Leo nun haben durfte und wann nicht. Statt auf die Gesprächsangebote des Vaters einzugehen, beantragte die Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht für sich. Im Zuge dieses Verfahrens wurde dann, wie bereits oben erwähnt, ein Verfahrensbeistand (VB) eingesetzt.
Auch die Mutter sprach sich beim VB für das Wechselmodell aus. Sie meinte aber, es wäre einfacher durchzuführen, wenn der Vater in Mannheim wohnen würde. Der Kindesvater ist Lehrer, unterrichtet hier in Darmstadt und hat hier seinen Lebensmittelpunkt, er möchte nur ungern nach Mannheim ziehen. Des Weiteren hat er hier seine Eltern in der Nähe. Er arbeitet Teilzeit und hat sich seit der Geburt im gleichen Maße um die Erziehung von Leo gekümmert. Der Antragsteller ist aber mittelfristig (Schulbeginn) sogar bereit, seinen Lebensmittelpunkt nach Mannheim zu verlagern, um das Wechselmodell weiterhin zu ermöglichen.
Im Übrigen ist die Entfernung zwischen Darmstadt und Mannheim auch sehr leicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu bewältigen.
Es ging dann bei den Gesprächen mit dem VB darum, in welchen Kindergarten Leo nun gebracht wird, ob er den Kindergarten in Darmstadt oder in Mannheim besucht. Der Vater kam dem Wunsch der Kindesmutter entgegen, dass Leo in Mannheim in den Kindergarten gehen wird, da es ihm wirklich vor allem darauf ankommt, dass er sein Kind im bisherigen Umfang sieht, also z. B. von Donnerstag bis Montag. Es fand dann eine Einigung dergestalt statt, dass Leo im Kindergarten in Mannheim angemeldet wird, dass er freitags eben nicht in den Kindergarten geht und die Mutter ihn donnerstagabends zum Vater bringt.
Auch in einem weiteren Punkt kam der Vater der Mutter entgegen, nämlich in ihrem Wunsch, dass sie auch einmal im Monat ein Wochenende mit Leo verbringen kann. Der Vater wollte für diese fehlenden Tage nur einen Ausgleich haben. Dieser Ausgleich sollte in den Schulferien stattfinden, konnte aber trotz Vorschlägen und Aufforderungen durch den Vater bisher noch nicht vereinbart werden.
Neuerdings besteht die Mutter darauf, Leo freitags auch in den Kindergarten zu geben. Der Vorschlag des Antragstellers war, dass die Mutter Leo weiterhin donnerstags zum Vater bringt und er ihn eben freitagmorgens wieder in den Kindergarten bringt. Dies lehnte die Mutter mit Verweis auf die zu langen Fahrzeiten ab.
Nach dem Scheitern der Einigung wurde vereinbart, dass man sich wegen des Wechsels donnerstags oder freitags nach den Sommerferien wieder in einen Beratungsprozess bei der psychologischen Beratungsstelle der Stadt Mannheim begibt, um vor Beginn des Kindergartenbesuchs den strittigen Punkt zu klären. Die Terminsuche gestaltete sich jedoch schwierig, die Mutter zeigte sich wenig flexibel, auch die Beratungsstelle hat einen Termin wieder abgesagt und die Auswahl war nicht sehr groß. Am 14.10.2016 gab es ein erstes gemeinsames Gespräch, das wenig konstruktiv verlief und nicht Anlass zur Hoffnung gab, die Dinge bald auf diesem Weg klären zu können. Am 17.10.2016 begann dann der Kindergarten. Seit dem 20.10.2016 weigert sich die Mutter, Leo donnerstags dem Vater zu überlassen.
Am 17.10.2016 führte der Vater ein Einzelgespräch bei der PBS. Am 18.10.2016 führte der Vater auf deren Rat ein Telefongespräch mit dem Sozialen Dienst. Dieser schlug einen kurzfristigen gemeinsamen Termin bei der PBS vor. Dieser wurde für den 24.10.2016 vereinbart, die Kindesmutter lehnte aber ab, diesen Termin zu nutzen. Auch ihren Einzeltermin hat sie abgesagt. Es ist dem Vater auch nicht bekannt, ob die Mutter einen neuen Termin vereinbart hat.
Der Antragsteller hat wirklich alles versucht und ist nun auf die Vermittlung durch das Gericht angewiesen. Das Wechselmodell für Leo wird seit der Trennung der Eltern durchgeführt. Leo weiß ganz genau, wann er vom Vater zur Mutter wechselt und umgekehrt. Dieses Modell entspricht dem Kindeswohl.
Leo ist ein sehr ausgeglichenes, fröhliches Kind. Leo hat seinen Lebensmittelpunkt bei beiden Eltern. Er ist bei Vater und Mutter zu Hause. Er hat auch nicht nur das Gefühl, irgendwo auf Besuch zu sein, sondern betrachtet beide Haushalte als sein Zuhause.
Der Vater fürchtet die Willkürlichkeit der Mutter, ihre fehlende Gesprächsbereitschaft (Abbruch von Gesprächen) und möchte eine verbindliche und ausgewogene Regelung haben.
Es wird deutlich, wer in diesem Fall kindzentriert handelt und wer seine Egoismen auslebt.
Der Vater benutzt in der Diskussion mit mir Begriffe wie „fair“ und „gerecht“.
Ich muss ihm dazu erklären, dass es diese Begriffe im Familien-„Recht“ nicht gibt.
Es gibt nur das „Kindeswohl“. Und dies ist bewusst ein unbestimmter Rechtsbegriff, damit jeder ideologische Blödsinn damit begründet werden kann.
Die Verhandlung in diesem Fall wird übermorgen sein.
Man darf gespannt sein….