Im Folgenden werden Auszüge aus einem Beschluss eines baden-württembergischen Familiengerichts wiedergegeben.
Diese Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts von einer afrikanischen Mutter von drei Kindern von drei verschiedenen Vätern in Deutschland an einen deutschen (polnisch-stämmigen) Vater ist nicht alltäglich.
Der Beschluss wird anonymisiert, weil er neu ist und die Beschwerdefrist noch läuft.
Das Aufenthaltsbestimmungsrecht und die Gesundheitsfürsorge für das gemeinsame minderjährige Kind wird dem Antragsteller übertragen.
Die Mutter lehnte bisher Beratungsangebote des Beratungszentrums ebenso ab wie einen Kontakt zur psychologischen Beratungsstelle. Als sich das Kind einen gemeinsamen Kinobesuch mit den Eltern wünschte, der vom Jugendamt begleitet worden wäre, lehnte die Mutter dies ab. Der Vater zeigte sich durchgehend offen für Beratungsangebote des Jugendamtes.
Die Mutter gab in der mündlichen Verhandlung zunächst an, jede Art von Gesprächen mit dem Vater abzulehnen. Sie erklärte das mit einem Vorfall aus der Zeit, als das Kind noch ein Baby war. Angesprochen auf den großen zeitlichen Abstand erklärte sie, mit Gesprächen einverstanden zu sein.
Die gemeinsame Gesundheitsfürsorge ist aufzuheben, denn es fehlt nach dem Bericht aller Beteiligter an Kommunikation und Kooperation zwischen den Eltern. Die Beziehung der Beteiligten ist auf der Elternebene über Jahre hinweg sehr angespannt und hochstrittig, was die psychische und emotionale Verfassung des Kindes stark belastet.
Verschiedene, über die Jahre durch das Jugendamt gemachte Beratungsangebote lehnte die Mutter ab. In der mündlichen Verhandlung konnten die beiden keinen Blickkontakt zueinander aufnehmen. Die fehlende Kommunikation führt bei der Gesundheitsfürsorge zu erheblichen Nachteilen beim Kind, was sich aus dem Krankheitsverlauf seit Beginn der Grundschulzeit ablesen lässt. Bis zuletzt gab und gibt es immer wieder Probleme in der Abstimmung der Eltern, so bei der regelmäßigen Medikamentengabe, der Bereitstellung von Unterlagen für einen Krankenhausaufenthalt und der erforderlichen Durchführung des Coronatests.
Die Gesundheitsfürsorge ist auf den Vater zu übertragen, weil bei ihm die Vergangenheit gezeigt hat, dass er hier zuverlässig und verantwortungsvoll handelt und auch bereit ist, für die Gesundheit des Kindes erhebliche Anstrengungen in Kauf zu nehmen. Die Mutter wird dagegen als nicht dauerhaft zuverlässig eingeschätzt. Sie hat über lange Zeit das Asthma des Kindes nicht behandelt. Zuletzt verhielt sie sich Anfang August 2020 unzuverlässig, als sie bei der Entlassung des Kindes im Krankenhaus nicht angetroffen werden konnte (vgl. Entlassbericht) und dann die verordnete Medizin nicht besorgte.
Auch in der mündlichen Verhandlung entstand der Eindruck, dass bei der Mutter ein ausgeprägtes Verständnis und Interesse bezüglich Erkrankung und Behandlung und der Situation des Kindes nicht vorhanden ist. Der Vater hatte ihr den Entlassbericht gemailt, sie gab an, er habe ihr nichts gesagt.
Das Jugendamt führt aus, dass unklar ist, inwieweit die Mutter die psychische Verfassung ihres Kindes wahrnimmt. Dem entspricht auch das Verhalten der Mutter vor der mündlichen Verhandlung. Das Gericht hat zwar Verständnis für die Tränen der Mutter. Wenn man aber als Elternteil den Blick auf das Kind richtet, muss man in dieser Situation ruhig bleiben und dem Kind Halt geben. Dies konnte die Mutter nicht und das Gericht hat Zweifel daran, dass sie es in anderen Situationen besser schafft, ihre eigenen Bedürfnisse zurückzustellen und das Kind in den Blick zu nehmen. Das Jugendamt verweist darauf, dass nach den bisherigen Gesprächen und den Rückmeldungen des Kinderschutzbundes deutlich wird, dass die Mutter mit dem Kind nicht altersentsprechende Dinge und Probleme mit dem Vater bespricht, ohne zu merken, dass sie es damit erheblich belastet.
Die Mutter ist nach Auffassung des Gerichts im Gegensatz zum Vater wegen des ab August recht abrupt zurückgefahrenen Umganges, zahlreicher Anrufe der Mutter während der Umgangszeiten des Vaters, immer wieder kurzfristig abgesagter Umgangswochenenden und -ferien nur eingeschränkt bindungstolerant und nicht bindungsfürsorglich.
Das Gericht trifft diese Entscheidung unter Gesamtabwägung aller Umstände und gegen den vom Kind geäußerten Willen. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass ein Aufenthaltswechsel im Verfahren der einstweiligen Anordnung nur in Betracht kommt, wenn davon auszugehen ist, dass auch die Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren in diese Richtung gehen wird, um unnötige Wechsel des Kindes zu vermeiden. Das Kind hat gegenüber dem Verfahrensbeistand im August mitgeteilt, dass es bei seiner Mutter bleiben will. Seinen Vater sehe es auch unter der Woche, das sei für es gut so. Bei der gerichtlichen Anhörung weinte es, es wisse überhaupt nicht, was heute passiere und wolle bei seiner Mutter bleiben. Für das Gericht ist der Eindruck entstanden, als ob sich das Kind für die Mutter verantwortlich fühlt.
Soweit das Zitat aus dem Beschluss.
Interessant ist, unter welchen Bedingungen der Missbrauchsspielraum, den eine Mutter mit Hauptaufenthaltsort des Kindes, die sich als Besitzerin des Kindes fühlt und sich auch so benimmt, endet.
Eines ist sicher: Solange nur der Vater ihre destruktive Verhaltensweise feststellt und beschreibt, geschieht NICHTS.
Erst dann, wenn Schule, Kindergarten, Arzt oder sonst eine Organisation oder Person außerhalb des privaten Einflussbereiches des Vaters sich ans Jugendamt wendet, geschieht etwas.
Zunächst bricht niemand in die Komfortzone der missbräuchlich handelnden Mutter ein. Erst wenn die familiale Intervention genötigt wird, sich mit einer defizitären Mutter beschäftigen zu müssen, machen sie das.
Eines der wesentlichsten Bewertungskriterien ist die Kooperation mit den Professionen.
Natürlich ist die „fehlende Kooperation und Kommunikation zwischen den Eltern“ ein Thema – und typischerweise ohne Erklärung, wer von beiden kooperativ sein will und wer nicht.
Interessant sind die vom Gericht gemachten Beobachtungen zum Verhalten der Eltern anlässlich der Verhandlung. Blickkontakt zwischen den Eltern und Weinen der Mutter sind Indizien, die vom Gericht gesehen und in der Begründung zum Beschluss interpretiert werden.
Was sowohl das Jugendamt als auch der Verfahrensbeistand über das Verhalten der Eltern zu berichten haben, entfaltet Wirkung im Verfahren. Sich aber allein darauf zu verlassen, ist nicht ratsam. Wenn ein Anfangsverdacht gegen die Mutter von Schule oder Arzt vorliegen, ist dies hilfreich. Wenn es dem Vater gelungen ist, für sein Verhalten und sein Vaterbild zu werben, ist das die Voraussetzung, dass Fehlverhalten einer defizitären Mutter überhaupt erkannt werden will.
Wenn dann eben nicht in erster Linie vom Vater, sondern von der Schule, vom Kinderarzt, von der Beratungsstelle, vom Jugendamt und vom Verfahrensbeistand gleichlautende negative Bewertungen der Mutter beim Gericht landen, dann muss das Gericht auch entsprechend reagieren.
Dies ist der erste Beschluss eines Familiengerichts, in dem ich feststellen kann, dass „Bindungsfürsorge“ zum Kriterium gemacht wird, was ich nur anerkennend kommentieren kann. Ich verstehe §1684 BGB als Forderung nach Bindungsfürsorge – eine Forderung, die meist ungehört verhallt – zum Schutz von Kindesbesitzenden.
Dass die Aussage des Kindes aus der Sekundarstufe völlig übergangen wird, bedeutet, dass der indoktrinierende Einfluss der Mutter auf das Kind erkannt wurde. Parentifizierung wird als Fachbegriff zwar nicht genannt, der letzte Satz aus dem obigen Zitat meint aber genau das.
Dieser Beschluss zeigt, dass Familiengerichte durchaus erkennen können, was kindesbesitzende Elternteile an destruktivem Verhalten zu verantworten haben.
Es zeigt aber auch, dass sie dies nur dann erkennen wollen, wenn sie nicht mehr anders können. Es reicht nicht, wenn das andere Elternteil Hinweise darauf gibt. Es reicht meist auch nicht, wenn ein unabhängiger Beobachter dies schildert – meist auch nicht dann, wenn dieser zu den Professionen gehört. Wenn aber alle Beteiligten Hinweise liefern, dann kippt das mütterzentrierte Residenzmodell.