Zunehmend gehen Mütter mit dem Kind an der Hand zur Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutin (80-90% frauendominiert), um sich bestätigen zu lassen, dass am auffälligen Verhalten des Kindes – insbesondere direkt nach dem „Umgang“ („Die Achtjährige nässt wieder ein“, „Der Junge ist so aggressiv!“) – natürlich nur der böse Vater schuld sein kann.
Dass das Kind, das eine schöne Zeit beim Vater genossen hat, danach schlagartig mit einer vaterfeindlichen Mutterwelt konfrontiert ist, die mit jeder Regung die Abwertung des Vaters signalisiert, und dass das Kind deshalb entsprechend auffällig reagieren muss, ist dabei nie Thema.
Das Geschäft läuft dann am Besten, wenn sich unter den symbiotischen Kindesbesitzerinnen herumspricht, dass diese Therapeutin besonders gut ist, weil sie sofort erkannt hat, was da Sache ist und dass sie auch bereit ist, ihre Erkenntnisse für das Familiengericht klar und deutlich zu formulieren.
Eine solche Gefälligkeitsdiagnose, in Fachlichkeit verpackt und mit Fachjargon garniert, liest sich dann z.B. so:
Ich berichte im Folgenden über o.g. Patientin, die am 20.05.21 von der Kindesmutter in meiner ambulanten Sprechstunde vorgestellt wurde:
Die Vorstellung erfolgte aufgrund rückzüglichen bis impulsiv-aggressiven Verhaltensweisen der Fünfjährigen, die die Mutter im zeitlichen Zusammenhang mit Besuchskontakten beim Kindesvater feststelle.
Über die Dauer von insgesamt vier psychotherapeutischen Sprechstunden zeigte sich das Kind nach kurzer Eingewöhnung grundsätzlich offen, kommunikativ und explorationsfreudig. Die Option einer möglichen Kontaktausweitung mit Übernachtungen beim Kindesvater lehnte sie im Gespräch vehement und glaubhaft ab. Bei dem Versuch, ihre Haltung näher zu ergründen, zeigte sie eine rückzügliche bis abwehrende Haltung. ln den projektiven Testungen (Familie in Tieren sowie Familien-Beziehungstest) beschrieb sie grundsätzlich ein positives Bild der Kernfamilie, in dem der Kindesvater jedoch jeweils nur auf gezielte Nachfrage Erwähnung fand. Anhaltspunkte für einen psychotherapeutischen Behandlungsbedarf wurden in diesem Zusammenhang nicht festgestellt.
Für Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung!
XY
Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin
M.A. Psychosoziale Therapie und Beratung
In diesem Fall ist allen Beteiligten zu empfehlen, z.B. diesen Text zu lesen