Dieser Artikel ist relevant für Wahlentscheidungen von Vätern und Müttern
Ein Beitrag zur familienpolitischen Diskussion im Super-Wahljahr 2021
Immer wieder ergibt sich eine Diskussion mit VertreterInnen der Professionen.
Aktuell wurde ich wieder angeschrieben. Den Dialog stelle ich hier ein.
Fett das Schreiben an mich, der Rest ist meine jeweilige Entgegnung.
Die Eltern trennen sich, der Vater zieht aus in eine Stadt 1 Std. entfernt.
Das ist in meiner Arbeit ein seltener Fall. Standard ist, dass die Mutter mit dem Kind unsanktioniert wegzieht und damit Fakten schafft.
Umgang klappt prima. Beide sind erziehungsfähig und haben jeweils eine sehr gute Beziehung mit dem Kind. Wo ist das Problem? Die Konflikte auf der Elternebene sind eklatant.
In einem solchen Fall müssen beide Eltern für das Kind in die Haftung genommen werden. Konstruktive Kooperation auf der Elternebene ist eine Bringschuld der Eltern für das Kind. Da hilft ein entscheidungsorientiertes Gutachten nicht. Es geht darum, in einem lösungsorientierten Gutachten die Eltern ein Stück auf dem Weg der Transition zur Nachtrennungsfamilie zu begleiten. Erst dann erhält man Einblicke, wer ist konstruktiv und wer sperrt sich der Kooperation für das Kind.
Solange ein Elternteil die Dominanz über den Kindesbesitz ausspielen kann, hilft nur klare Ansage und Drohung mit Konsequenzen im Sorgerecht.
Aber da ist der Staat destruktiv und zementiert die Verfügungsmacht des Kindesbesitzenden, der den anderen über das Kind dominieren kann.
Die neusten Entwicklungen zur PETRA-Studie und zur Familienrechtsreform zeigen deutlich, was unsere Politik an Vorgaben zur Orientierung zu bieten hat – Totalversagen.
Die Konflikte haben diverse Ursachen, aber mir geht es um einen Aspekt.
Und eben diese Ursachen müssen seziert und das Verhalten der beiden in diesen Konflikten analysiert werden. Erst dann erfährt man, wer seine Macht missbraucht – gegen den anderen Elternteil und gegen das Kind.
Trennen sich Eltern, dann bleibt das Kind meist bei einem Elternteil. Bei diesem Elternteil hat das Kind seinen Alltag und dieses Elternteil trifft die nötigen (Alltags-)Entscheidungen. Diese klare Trennung war eigentlich immer „normal“. Nun wollen Väter auch nach der Trennung zunehmend in diesen Alltag involviert sein – was richtig ist.
Warum „wollen Väter nun“? Das Verhältnis von Eltern und Kindern hat sich seit den 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts successive verändert. Auch die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich verändert. Die Familienrechtspraxis tut aber noch so, als hätten wir noch die Hausfrauenehe der 50er Jahre. Frauen wollen inzwischen sowohl in den DAX-Vorstand, aber trotzdem noch alle Annehmlichkeiten einer rundum gepolsterten Hausfrau und Alleinbesitzerin des Kindes. Und eben das kollidiert inzwischen gewaltig.
Was habe ich bei einer Veranstaltung zum Equal-Pay-Day in der Uni Hohenheim vom Podium aus gesagt? „Equal Pay haben wir dann erreicht, wenn es so viele Kindesunterhalt zahlende Mütter wie Väter gibt.“
Warum haben wir immer noch kein Pendant zur amerikanischen 50- oder 100-miles-rule?
Warum ist der Wegzug mit Kind innerhalb Deutschlands straffrei, obwohl es eine als Kindesentführung wirksame Obszönität ist?
Ganz einfach: Der Gesetzgeber will den Kindesentzug durch die Mutter straffrei halten, um Väter kalt entsorgen zu können.
Es gibt nicht genug Hirn im Bundestag.
Ich schrieb schon vor vielen Jahren, dass es offensichtlich nur ein Lösung gibt: Wir müssen eine bestimmte kritische Masse von entsorgten Müttern haben, bis das Problem endlich erst als Problem erkannt werden will.
Gewiss gibt es das Modell des Wechselmodells.
Nein, das gibt es eben in Deutschland nicht. Die Diskussion im Bundestag am 15.03.2018 hat gezeigt, dass die Macht-Verteilung mit mindestens 4:1 dagegen ist.
Meine Aussage:
„Die Doppelresidenz ist die Katzenscheiße, die die Eltern an ihren Absätzen in die gute Stube des deutschen Residenzmodells tragen.“
Das kindeswohlwidrige System muss sich damit auseinandersetzen, weil es Eltern gibt, die besser sind als das System es ihnen vorschreibt und die das einfach leben wollen.
Ist das aber nicht durchführbar – wie im vorliegenden Fall – dann wird es etwas schwierig den Vater in den Alltag zu integrieren. In diesem Fall kann das Kind jederzeit mit dem Vater telefonieren und hat dazu sein eigenes iPad. Ich hatte auch die Einführung eines Umgangstagebuches angeregt.
Was in solchen Fällen trotzdem geht, ist vielfältig und hängt von vielen Parametern ab, zuerst von der Beschäftigungsstruktur. Corona mit viel Homeoffice und virtuellem Unterricht hat gerade dafür breite Tore geöffnet, gegen die sich Kindesbesitzende vehement sperren. Und diese virtuelle Arbeit wird uns sicher auch in Nach-Coronazeiten erhalten bleiben. Da hat die Arbeitswelt hinzugelernt.
Wo das nicht möglich ist, verdammt, da müssen dann eben eherne Prinzipien fallen. Da muss eben der Wohnort oder die Arbeitsstelle gewechselt werden. Was ist wichtiger? Der Job oder das Kind?
Meine Frage ist, wie kann man dem nicht betreuenden Elternteil das Gefühl vermitteln, dass es am Alltag teilnimmt/ teilnehmen kann? Kann man einem nicht betreuenden Elternteil überhaupt das Gefühl vermitteln, nicht Elternteil 2. Klasse zu sein?
Da sind wir beim Geschwätz von den 30% „Qualitätszeit“ gegen die 70% – meist bei der Mutter. Als ich das sogar von der voll besetzten Richterbank im OLG Karlsruhe hörte, habe ich gesagt: „OK, wir nehmen die 70% und überlassen die Qualitätszeit der Mutter!“
Solange die Signale der Politik so destruktiv sind, wie sie sind, solange aus Berlin die falschen Anreize gesetzt werden, haben wir eine sorgsam gehütete Apartheitspolitik, die Eltern spaltet, statt sie ressourcenorientiert für das Kind zusammenzuführen.
Insgesamt freue ich mich aber festzustellen, dass sich die Position der Väter deutlich gewandelt hat. Zunehmend wird die Erziehungsfähigkeit von Eltern geschlechtsunabhängig betrachtet.
Wo das so ist, ist das nicht das Ergebnis von Politik. Es ist allein das Verdienst von Einzelpersonen im System, die besser sind als das System von ihnen erwartet. Es gibt auch unter den Professionen Personen mit Rückgrat, klarem Kopf und Arsch in der Hose.
Es sind allein die, die uns in einer Zeit weiterbringen, in der die Politik völlig versagt.
Gewiss haben die Mütter nach wie vor einen Vorteil. Aber dieser Automatismus Mutter = gut, schwindet. Liegt natürlich auch an meinen Fällen, in denen es auch um Kindeswohlgefährdung geht.
Ich habe in letzter Zeit zunehmend ausgegrenzte Mütter bei mir in der Beratung, im Coaching und in der Betreuung als Beistand vor Gericht.
DAS ist die Chance. Die Politik muss erkennen, dass die Fallen, die sie für Väter aufgestellt haben, so scharf sind, dass immer mehr Mütter als Kollateralschaden dabei mit erwischt werden. Und Väter können das nutzen. Sie können genauso mies, narzisstisch und egoman sein wie Mütter und die Strukturen für sich nutzen. Das werden immer mehr erkennen.
Erst wenn die Politik begreift, dass die Revolution auch ihre Kinder frisst, kommt langsam wohl das Umdenken.