VAMV vom 18.06.2009
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Männer mit Hobby
Kommentar zum Film „Der entsorgte Vater“ von Douglas Wolfsperger
Auszüge:
…Sie schildern in unterschiedlichen Sequenzen, die leider nicht besonders spannend oder filmerisch originell sind, dass sie ihre Kinder nicht sehen dürfen und ganz heftig darunter leiden.
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Die Dokumentation ist eine Innenansicht auf die Befindlichkeit der im Väteraufbruch aktiven Männer, deshalb reagieren sie auch so stark darauf. Der Film spricht ihnen aus der Seele. Das ist auch schon alles. … |
Kommentar von Franzjörg Krieg
Hallo Frau Liebisch vom VAM(V),
zunächst vielen Dank dafür, dass sie sich in die Diskussion um den Film „Der Entsorgte Vater“ mit einer Stellungnahme auf der HOME-Seite Ihrer Homepage www.vamv.de einschalten.
Es ist die größte Stärke des Filmes, dass er wirklich aufgerüttelt hat: ZDF aspekte, eine ganze Sendung mit Günter Jauch in stern-tv, 3 Seiten in der taz, 3 Seiten in der Frankfurter Rundschau, 3 Seiten in der EMMA – um nur wenige Beispiele zu nennen.
Dass der VAM(V) nicht ignoriert, sondern an prominenter Stelle im Reigen mitmischt, finde ich auf jeden Fall lobend erwähnenswert.
Ja, es sind ganz normale Männer, die von den menschenrechtswidrigen Auswirkungen der Mütterzentrierung nach Trennung und Scheidung betroffen sind. Es sind Männer, die niemand als typische Gewalttäter identifizieren würde oder denen man einen Mangel zubilligen würde, der rechtfertigt, sie von ihrem Kind zu trennen. Es sind aber auch keine Stromlinien-Papas aus einer Illustrierten-Story. Es sind – ganz normale Männer eben. Und sie kommen aus allen beruflichen und sozialen Schichten. Im VAfK Karlsruhe haben wir 15 % betroffene promovierte Väter. Nicht unbedingt eine sozial besonders auffällige Klientel.
Wenn Sie sich entsprechende Dokumentationen im Fernsehformat ansehen, gibt es Papas im Kinderzimmer oder auf dem Spielplatz. Douglas hat eine Doku im Kinoformat gedreht, von der Sie behaupten, sie sei „leider nicht besonders spannend oder filmerisch originell“.
Ein Kollege sprach mich gestern in der Schule an. Er war extra von Baden-Baden nach Karlsruhe gefahren, um den Film zu sehen. Er ist kein betroffener Trennungsvater und war ohne Prädisposition einfach nur neugierig auf den Film. Er meinte, dass er verblüffend fand, wie ein Film, der eigentlich faktisch von nichts lebt, außer den mündlichen Berichten Betroffener, so gemacht sein kann, dass das Kinopublikum 90 Minuten lang gefesselt ist. Keine Anzeichen von Langeweile, im Gegenteil: Die meisten waren sehr bewegt und einige hatten geweint, Männer wie Frauen.
Unsere bundesweite Organisation heißt übrigens „Väteraufbruch für Kinder“ und wird mit VAfK abgekürzt. Und wir sind auch das, was unser Name benennt. Und wir fordern für Kinder BEIDE Eltern. Was wir am wenigsten wollen, ist das paradoxe Konstrukt einer „Einelternfamilie“.
In vielen Interviews mit Douglas Wolfsperger hat er erklärt, warum die Mütter im Film nicht zu Wort kommen. Ganz einfach: Sie wollten nicht. Auch die Mutter meiner Töchter wurde gefragt und wollte nicht. Wichtig ist aber: Wir Väter waren damit einverstanden und wollten die Mütter mit dabei haben. Und die einzige Mutter, die im Film zu Wort kam, machte vertraglich zur Bedingung, dass der Regisseur keinen Kontakt zum Vater ihres Kindes aufnehmen durfte. Das sagt doch viel über die kommunikative Kompetenz der Haltungen.
Das ist aber keine neue Erkenntnis. So wie der Feminismus insgesamt sich über die Ablehnung und den Ausschluss von Männern definiert, war JEDE filmische Produktion der mütterbewegten Lobby bisher immer unter Ausschluss der Väter produziert worden. Wir wollten nun die Mütter ins Boot holen – sie spielten aber nicht mit.
Ich kenne das aus der Beratung: Eine Kinderbesitzerin lehnt jede Mediation ab, wenn sie fürchtet, dabei eine Zacke aus ihrer Kinderbesitzerinnen-Krone verlieren zu können. Feministische Kommunikation ist nicht Dialog, sondern meist Monolog per Megafon.
Der Film ist keine Kampfansage an alle Mütter und an alle Frauen schon gar nicht. Vielleicht eine Kampfansage an einige Mütter, die nachweislich Kindesmissbrauch verüben und deren Verhalten schon längst hätte gestoppt werden müssen. Aber darin liegt ja das Problem: Kinderbesitzerinnen-Verhalten wird nicht gestoppt, weil es in eine Grundstimmung gesellschaftspolitischen Handelns passt, die insgesamt der gesellschaftlichen Realität schon lange nicht mehr gerecht wird. Wenn man soweit mitdenkt, beginnt der Film politisch zu werden.
Wenn Sie, Frau Liebisch, meine Rolle als VAfK-Funktionär im Film als Nebenrolle bezeichnen, kann ich gut damit leben. Immerhin ist der VAfK die einzige bundesweit organisierte Vätervertretung und vielleicht hat es Frau Schwab nicht gefallen, dass neben ihr nun auch Herr Prof. Dr. Müller vom VAfK bei besonderen Anlässen im BVerfG sitzt und seine Stellungnahme zu interessanten Aspekten von familienpolitischer Bedeutung abgibt.
Eines ist sicher: In der BRD geht bei Inhalten, die Väter nach Trennung und Scheidung betreffen, inzwischen nichts mehr am VAfK vorbei. Wir haben in diesem Zusammenhang unzweifelhaft die meiste Erfahrung.
Ja, der Film spricht uns aus der Seele. Das ist auch schon alles. Und es kommt in der Gesellschaft an. Ich werde von Jungendamtsmitarbeitern angesprochen, von Richterinnen angerufen. Der Film macht nicht nur deutlich, dass etwas in Bewegung gekommen ist, er bewegt zusätzlich. Wir haben noch nie so viele Hilfeangebote bekommen wie zur Zeit – vornehmlich von Frauen, die über den Film ein Tätigkeitsfeld erkannt haben, in dem sie zu Lösungen beitragen wollen.
Liebe Frau Liebisch, wenn wir Ihre Intention übernehmen wollten, müsste unsere Arbeit ausschließlich daraus bestehen, zu betonen, dass Häusliche Gewalt weiblich ist, dass überwiegend Mütter ihre Kinder schlagen, dass es zu viele Mütter gibt, die ihre Kinder missbrauchen, und dass den Müttern ihre Kinder weg genommen werden müssen, weil zu viele sie töten. Nein, WIR wollen die Sippenhaftung nicht, die Sie seit Jahrzehnten den Vätern zumuten. Wenn ich auf Missstände in der familialen Intervention hinweise, die ausschließlich Mütter bedient und Kinder wie Väter außen vor lässt, bin ich unaufhörlich mit dem Argument konfrontiert „Ja, aber, es gibt doch auch Väter, die…“.
Nein, keine Sippenhaftung für alle Männer. Das ist eine der großen Schwächen des Feminismus, die Frau immer gegen den Mann zu definieren und daraus abgeleitet, aus ideologischen Gründen immer schwarz-weiß zu denken.
Ja, es gibt viele gute Lösungen inzwischen. Aber diese kommen nicht einfach dadurch, dass man(n) dem VAfK und frau dem VAM(V) beitritt. Es braucht z.B. Richterinnen wie die eine, die mich vor zwei Tagen anrief und mir erzählte, dass sie nach einer Trennung mit Kindern Umzüge nur im Umkreis von 50 km zulässt und dass sie auch schon einmal einer Mutter, die von Karlsruhe nach Berlin ziehen wollte, auf die Schnelle das Sorgerecht entzogen hätte. Inzwischen hat sie’s wohl wieder, hat aber wohl auch erkannt, dass Kinderbesitzerinnen-Verhalten nicht den Kindern dient.
Mediation ist natürlich kein Allheilmittel. Wir kennen viele Fälle, wo Mediation unter der Leitung einer Beratungsorganisation, die Jahrzehnte lang ausschließlich mütterzentriert arbeitete, die Disbalancen in der Wertigkeit von Mutterschaft und Vaterschaft ohne Gnade für das Kind weiter tradiert. Und wir kennen Mediationen, die allein dazu missbraucht werden, jahrelang dem Richter zu signalisieren „wir brauchen keine gerichtliche Lösung, wir sind in Mediation“. Und inzwischen wurde damit weiter verhindert, dass die 5jährige Tochter das erste Mal endlich auch beim Papa übernachten darf.
Natürlich sind wir für einvernehmliche Lösungen und tragen dazu bei, was auch immer wir können. Sie funktionieren aber dort nicht, wo eine Mama mit Kind sich als „Einelternfamilie“ fühlt und als solche ihre besonderen Rechte abgegrenzt sehen möchte. Und wenn sich dann ein Papa erkühnt zu meinen, er sei ja schließlich auch noch da, wird er durch Eineltern-Organisationen mundtot gemacht. So funktioniert Kommunikation nach Trennung und Scheidung sicher nicht.
Wenn man die Aussagen der Statistischen Landesämter und der großen Studien (z.B. Proksch) zusammen nimmt, sind jährlich mindestens 100.000 Kinder neu von der Ausgrenzung von einem Elternteil betroffen. Aktuell sind das hiermit mindestens 2 Millionen Kinder und damit auch fast zwei Millionen Väter (bzw. Nach-Trennungs-Familien). Und Sie meinen, das sei zu wenig für die Feststellung einer gesamtgesellschaftlichen Problemlage?
Diese zwei Millionen aktuell betroffenen Kinder sind danach ja nicht schlagartig nicht mehr betroffen. Nein, sie haben große Probleme in Beziehungen, sie werden depressiv oder zeigen massenhaft sonstige somatischen Auffälligkeiten. Jeder Psychiater kann das heute bestätigen.
Wenn das dann kein Massenphänomen sein soll…
Der Film hat die Resonanz, weil er eben in die Mitte unserer Gesellschaft zielt.