An das
Auswärtige Amt
Werderscher Markt 1
10117 Berlin
Entführungssache E. Jung: Grundrechtsverletzungen im Ausland und Reaktionen des Auswärtigen Amtes – Fall Savchenko vs. Kindesentführung aus Deutschland
Sehr geehrte Herren Minister Dr. Steinmeier und Staatsekretär Dr. Steinlein,
zum Verhalten Ihres Hauses in Bezug auf schwere Grundrechts- und Völkerrechtsverletzung im Ausland möchte ich hier zwei Fälle gegenüberstellen.
1)
Die gefangene ukrainische Militärpilotin Nadya Savchenko wird 2015 auf russisches Territorium verbracht und dort 2015 wegen angeblicher Kriegsverbrechen vor Gericht gestellt (s. Anlage C). Das Verfahren der (sowjetisch geprägten) russischen Justiz ist schwer manipuliert, das Urteil willkürlich und ohne Rechtsgrundlage. Die Bundesregierung protestiert und verurteilt das Vorgehen als rechtswidrig – obwohl Russland ein souveräner Staat, seine Justiz (vermeintlich) unabhängig und das Urteil (rein formal) rechtskräftig ist. Frau Savchenko ist ukrainische Staatsbürgerin und genießt als Ausländerin die volle Unterstützung deutscher Regierungsstellen. Die Bundesregierung signalisiert Russland, dass sie diesen schweren Rechtsbruch nicht einfach hinnehmen wird.
2)
In den Jahren 2014/15 wird in der Ukraine über die Rückführung meines kleinen Sohnes E. Jung verhandelt, der seit 2013 von seiner Mutter ohne meine Zustimmung, also illegal, auf ukrainischem Territorium zurückgehalten wird. Nach HKÜ müsste E. im Eilverfahren an seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort in Deutschland zurückgeschickt werden. Die Ukraine ignoriert entsprechende deutsche Gerichtsurteile und bricht vorsätzlich alle wesentlichen HKÜ-Bestimmungen. Faktisch schafft sie mein Sorgerecht und E.s Recht auf einen Vater ab. Das Verfahren der (sowjetisch geprägten) ukrainischen Justiz ist schwer manipuliert, das Urteil willkürlich und ohne Rechtsgrundlage. Die Bundesregierung protestiert nicht und verurteilt das Vorgehen nicht als rechtswidrig – weil die Ukraine ein souveräner Staat, seine (notorisch korrupte, gesetzlose und käufliche) Justiz unabhängig und das Urteil (ohne irgendeinen HKÜ-Bezug, also ohne Rechtsgrundlage) rechtskräftig seien. E. und ich sind Staatsbürger und ordentliche Einwohner Deutschlands. Trotzdem genießen wir keinerlei echte Unterstützung deutscher Regierungsstellen. Die Bundesregierung schweigt den schweren Rechtsbruch tot, täuscht Normalität vor und signalisiert der Ukraine, dass sie deren Vorgehen hinnimmt.
Fazit: Ihr Haus ist – anerkennenswerterweise – zugunsten ausländischer Staatsbürger und deren Rechte in aller Welt umtriebig.
Hingegen tut sie für die deutschen HKÜ-Väter, Bürger des eigenen Landes, absolut nichts, was man auch nur annähernd als Hilfe bezeichnen könnte.
In „Beratungen“ wird Wesentliches verschwiegen, v.a. der langjährige HKÜ-Boykott der Ukraine und die extreme Willkür von Behörden und Gerichten.
Prozessbeobachtungen resultieren in windelweichen Berichten, die den offenkundigen Rechtsbruch nicht beim Namen nennen und folgenlos in den Akten verschwinden. Vorliegende ukrainische Willkürurteile werden dort gar nicht erst ausgewertet, obwohl – oder weil – sie den schlagenden Beweis für den massiven Rechtsbruch durch den ukrainischen Kindesentführerstaat liefern.
Botschaftergespräche lassen die kritischen Hauptthemen (Verweigerung der Kindesrückführung, Zerstörung des Sorgerechts, willkürliche Vater-Kind-Trennung) aus und beschäftigen sich nur mit Nebenaspekten (überlange Verfahrensdauern).
Spätestens aus E.s (zensierter!) BfJ-Akte habe ich den starken Eindruck gewonnen, dass Ihre Beamten das HKÜ und seinen Sinn nicht vollumfassend verstehen bzw. verstehen wollen.
In der Sache Savchenko stellt die Bundesregierung immerhin die höchst berechtigte (rhetorische) Frage, wie die Angeklagte „überhaupt auf russisches Territorium – und damit in den Einflussbereich der russischen Justiz – verbracht wurde“. Dieselbe Fragestellung ist in E.s Fall ebenso höchst angebracht. Sie berührt den Kern von Illegitimität und Illegalität des ukrainischen Vorgehens.
All dies ist kein Einzelfall, sondern systematisch. Das zeigen der parallele Fall des in die Ukraine entführten deutschen Kindes S. Mertens und andere HKÜ-Fälle. Durch Gleichgültigkeit und unterlassene Hilfeleistung der deutschen Regierungsstellen sind Herr Mertens und ich der ukrainischen Sowjetjustiz wie Staatenlose ausgeliefert: schutzlos und entrechtet. Das Wohl unserer Kinder ist gefährdet durch Isolation, Verschleppung und mangelnde medizinische Versorgung. Wir haben dies vielfach für Ihr Haus dokumentiert und uns seit zwei Jahren mit zahlreichen Eingaben, Hilfsgesuchen und Beschwerden an Sie gewandt – ohne irgendein brauchbares Ergebnis!
In ihrem Bestreben, möglichst wenig zu tun und trotzdem (vergeblich) ihre Weste weiß erscheinen zu lassen, greifen die zuständigen Beamten in Ihrem Hause auch zum Mittel des Verschleppens, der Manipulation und der Lüge. Dies ist in einer Situation, in der Wohl und Zukunft kleiner und wehrloser deutscher Staatsbürger so gefährdet sind, besonders verwerflich.
Ich bitte, auch im Namen von Herrn Mertens, um Ihre Stellungnahme und – endlich – Ihr wirksames und entschlossenes Eingreifen gegen den ukrainischen Kindesentführerstaat! Das HKÜ ist schließlich ein Regierungsvertrag – um den sich leider weder die ukrainische noch die deutsche Regierung scheren.
Geben Sie uns deutschen Vätern (und Bürgern und Steuerzahlern) in Not mindestens die gleiche Unterstützung wie Frau Savchenko, den angeklagten „Cumhüriyet“-Journalisten in der Türkei und anderen von Grundrechtsverletzung gefährdeten ausländischen Bürgern.
Mit freundlichem Gruß
Anatol Jung