Karlsruher Kind 07/08 vom 26.06.2003
„Väteraufbruch für Kinder“ sieht das Kind im Zentrum familienrechtlicher Bemühungen
Jürgen P. lernte eine Brasilianerin kennen und lieben. Sie heirateten, bezogen eine Wohnung nach Crailsheim. Die Mutter reiste mit dem Säugling ohne Einverständnis des Vaters immer wieder für mehrere Monate nach Brasilien. Als ihr gemeinsames Töchterchen 3 Jahre alt war, zog die Mutter mit dem Kind ohne Begründung ins Frauenhaus Karlsruhe. Erst nach 9 Wochen sah der Vater sein Kind zum ersten Mal wieder im begleiteten Umgang. Begründung: Der Vater wolle das Kind entführen. Nach etwa einem halben Jahr mit normalen Umgangskontakten des Vaters mit der Tochter äußerte die Mutter den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs der 4-jährigen Tochter durch den Vater, worauf der Umgang ausgesetzt wurde. Ihre spätere Begründung im Gutachten: „Im Frauenhaus wurde mir gesagt, dass das Väter mit ihren Töchtern so machen“. Zwei Gutachten bestätigten, dass ein sexueller Missbrauch „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ nicht stattgefunden hat. Trotzdem wurde der Vater über ein Jahr lang von allen involvierten Stellen als Täter behandelt und Tochter und Vater sahen sich nicht mehr. Nach der gerichtlichen Bestätigung der Ausräumung des Missbrauchsverdachtes wurde ein begleiteter Umgang angesetzt.
Schnell stellte sich heraus, dass die Mutter sich damit nicht abfinden wollte. Ihre Begründung: Er hat nicht versucht, mich zurück zu gewinnen. Sie boykottierte jede Bemühung, den Kontakt des Kindes zum Vater herzustellen. Nach einem erneuten Versuch des Sozialen Dienstes, die Besuchskontakte wieder aufzunehmen, entführte die Mutter das Kind nach Brasilien. Der Vater hat bis heute sein Kind nicht mehr gesehen.
Das ist nur einer von über 100 Fällen, um die sich die Karlsruher Kreisgruppe des „Väteraufbruch für Kinder e.V.“ (VAfK) kümmert. In den dort zusammenlaufenden Schicksalen zeigen sich immer wieder die selben Strukturen: Es gibt Elternteile, die nach einer Trennung die Beziehungsebene von der Elternebene nicht trennen können. Sie glauben, wenn sie selbst mit dem anderen Elternteil nicht mehr zusammen treffen wollen, sei es für das Kind richtig, wenn auch dieses keinen Kontakt mehr zum zweiten Elternteil hat. Der Gedanke, dass das Kind den nicht mehr geliebten Partner selbst noch lieben könnte, scheint für sie entweder zu absurd oder wird als so schmerzlich empfunden, dass Mechanismen entwickelt werden, diese Liebe des Kindes zum anderen Elternteil zu unterbinden. Die eigene egoistische Befindlichkeit diktiert dann die Bedürfnisse des Kindes.
Der selbstverständliche Anspruch der Mutter, dass das Kind bei ihr verbleibt, wird von allen Ämtern unterstützt. Wenn das Familiengericht über den Lebensmittelpunkt des Kindes zu bestimmen hat, wird in nur 5% der Fälle für den Vater entschieden. Und dies oft auch in Situationen, in denen der Vater vorher jahrelang das Kind überwiegend als Hausmann versorgt hat. Selbst der Wunsch des Kindes, beim Vater bleiben zu wollen, wird dabei in der Regel ignoriert. Die automatische Mütterorientierung hat sich soweit eingespielt, dass ein hilfesuchender Vater vom Jugendamt immer wieder ausschließlich auf den Klageweg verwiesen wird, während eine hilfesuchende Mutter auch dann noch Unterstützung erhält, wenn sie erkennen lässt, dass sie beabsichtigt, ihr Kind zur Halbwaise zu machen.
Bei dieser Behandlung von problematischen Trennungsschicksalen bleibt meist mit dem Vater das Kind auf der Strecke, dessen natürliches Bedürfnis, beide Elternteile lieben zu können, oft mit traumatischen Begleitumständen beschnitten wird.
Natürlich gibt es auch Väter, die ihre Vaterrolle nicht ernst nehmen und von sich aus den Kontakt zum bei der Mutter verbleibenden Kind abbrechen. Solche Väter vertritt der VAfK nicht. Er kämpft aber dagegen, dass Vätern, die ihr Vatersein leben wollen, dies mit dem Hinweis auf die Existenz unverantwortlicher Väter verweigert wird, wie die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zum Sorgerecht nicht verheirateter Väter am 29.01. dieses Jahres wieder eindrucksvoll bestätigte.
Im Bemühen, den Vater auszugrenzen, ist der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs die letzte Trumpfkarte, die eine Mutter ungestraft ausspielen kann. Allein die Äußerung des Verdachtes genügt, um den Vater zu stigmatisieren, ihn der Vorverurteilung auszusetzen, seinen Kontakt mit dem Kind oft für Jahre zu verhindern und auch immer wieder sein berufliches und soziales Umfeld zu zerstören. Zum Verbrechen am Vater kommt die Tatsache, dass das Kind neben dem Verlust des Vaters den Mühlen der aufklärenden Befragungen ausgesetzt wird, deren Missbrauchswirkung als Kollateralschaden hingenommen wird. Es gibt bei allem keine von der Mutter zu verantwortenden Konsequenzen. Viele spektakuläre Fälle belegen dies.
Ein Vater, der sein Kind entführt, wird kriminalisiert und bei Veröffentlichung in der Boulevardpresse weint eine ganze Nation mit der Mutter. Entführt eine Mutter das Kind, bekommt sie immer wieder Unterstützung von staatlichen Ämtern und Institutionen. Äußert sie gar einen Missbrauchsverdacht, wird dem Vater sogar die neue Adresse von Mutter und Kind vorenthalten – natürlich bei weiter bestehender Unterhaltsforderung.
Im oben geschilderten Fall konnte die Mutter mit one way ticket ungehindert mit dem Kind ins Ausland fliegen. Niemand fragte bei der Ausreisekontrolle, ob der Vater mit gemeinsamem Sorgerecht mit dieser Ausreise einverstanden war. Es gibt Väter in der Karlsruher VAfK-Gruppe, die bei einem Auslandsferienflug per Rückflugticket mit ihrem Kind im Frankfurter Flughafen Probleme bekamen.
Der Väteraufbruch versteht sich natürlich auch als Gegengewicht zu den Interessenorganisationen von Müttern, die das Alleinige Sorgerecht für Mütter propagieren und den Vater auf seine Funktion als Geldgeber reduzieren wollen. Der VAfK fordert aber nicht das Alleinige Sorgerecht für Väter, sondern steht für die Umsetzung der selbstverständlichen Forderung „Allen Kindern beide Eltern“.
Um dies leben zu können, bedarf es positiver Lösungsmodelle. Es genügt nicht, die Idealvorstellung zur Norm zu erheben, dass Eltern mit den Schwierigkeiten der Trennungssituation klar kommen müssen und die Bedürfnisse des Kindes immer berücksichtigen können. Die Tatsache, dass Eltern dies in den seltensten Fällen gelingt, wird von den offiziell eingeschalteten Ämtern ignoriert. Sie zucken dann hilflos mit den Schultern und meinen, da könne man eben dem Kind zuliebe nichts weiter tun, als der Mutter alle Rechte zu übertragen. Eine den Umgang boykottierende Mutter erzeugt in vielen Ämtern allzu oft „Kinderlähmung“.
Im Interesse unserer Kinder bedarf es Strategien, mit denen der Tatsache, dass Eltern eine Trennungssituation eben oft nicht meistern können, begegnet werden kann.
Zu viele Fälle zeigen, dass die Bevorzugung eines Elternteils nicht das geeignete Mittel ist, das Beste für das Kind zu erreichen. Im Fall der Uneinsichtigkeit eines Elternteils muss ein Ausgleich der rechtlichen Stellung beider Elternteile erreicht werden, um auch beide an ihre Verantwortung zu binden und niemand die Chance zu geben, den anderen Elternteil infolge einer Vorrechtstellung zu „entsorgen“. Eine Boykotthaltung z.B. in Sachen Umgang muss auch die Option des Sorgerechtsentzugs ins Auge fassen, wie das Familienrichter – noch allzu zaghaft – inzwischen auch verwirklichen.
Eine gesunde Entwicklung von Kindern bedingt deren freien Umgang mit verantwortungsbewussten Eltern, mit Vater und Mutter – auch nach Trennung und Scheidung.
Franzjörg Krieg