… oder auch nur Mangel an väterlicher Begleitung
Alle Professionen im Bereich der familialen Intervention, alle PsychotherapeutInnen, viele LehrerInnen, PädagogInnen, BewährungshelferInnen oder VertreterInnen sonstiger Berufe in der sozialen Sphäre kennen die äußeren Folgen von Vaterlosigkeit, die sich überall in der Gesellschaft zeigen:
Mädchen reagieren meist internalisierend mit Selbstverletzungen (Ritzen), Ernährungsproblematiken (Bulimie), anderen psychisch defizitären Erscheinungsformen oder mit Frühsexualisierung, während Jungs eher externalisierend mit Aggressionen, Grandiosität oder Risikobereitschaft reagieren.
Aus vaterlosen Familien stammen
- 71 % der schwangeren Teenager,
- 90 % aller Ausreißer und obdachlosen Kinder,
- 70 % der Jugendlichen in staatlichen Einrichtungen,
- 85 % aller jugendlichen Häftlinge,
- 71 % aller Schulabbrecher,
- 75 % aller Heranwachsenden in Drogenentzugszentren,
- 88 % aller verhaltensgestörten Kinder und Jugendlichen.
Quelle: DER SPIEGEL 47/1997, S. 90, „Der entsorgte Vater“
Lehrpersonen an Kindergärten und Schulen wissen, dass der Anteil der problematischen SchülerInnen aus der Gruppe der Trennungskinder und dort meist aus dem Kreis derjenigen Kinder stammt, die sehr wenig bis keinen Kontakt mehr zum Vater haben.
Der Idealfall ist immer noch, wenn ein Kind von seinen genetischen Eltern bis ins Erwachsenwerden begleitet wird. Da inzwischen zur Normalität gehört, dass Kinder auch von Leihmüttern ausgetragen und gekauft werden können und dass Kinder durch Samenspenden oder anonyme Eizellenspenden generiert werden (Überraschungs-Eier als IVF-Produkte), muss das Merkmal der genetischen Identität besonders hervorgehoben und betont werden.
Dort, wo dies gewährleistet ist, wirken zwei logische Folgen:
1.
Das Kind besitzt in jedem Elternteil den genetischen Spiegel der Erwachsenenversion seiner eigenen halben Identität und kann darüber seine eigene Identität abstimmen und ausrichten.
2.
Mütterlichkeit und Väterlichkeit funktionieren verschieden, zuweilen sogar gegensätzlich. Wenn die Mutter sagt: „Mach das nicht! Das ist zu gefährlich!“, sagt der Vater eventuell: „Es gibt welche, die sagen, das sei gefährlich. Ich werde Dir aber zeigen, wie das geht und werde Dir helfen, das zu meistern!“
Die Verschiedenheit der elterlichen Eigenschaften eröffnet für das Kind ein Feld, zwischen dessen Polen es seine eigene Wahlfreiheit, Gestaltungsmöglichkeit, seine eigene Identität und seine Persönlichkeit entwickeln und aufbauen kann. Und das mit einem hohen Identifikationsfaktor zu den Trägern dieser Polaritäten.
Mütterlichkeit und Väterlichkeit konkurrieren nicht, sie sind komplementär. Ein Kind braucht beides, um seine Persönlichkeit gestalten zu können.
Wenn Kindern einer dieser Pole vorenthalten wird, rächt sich die egozentrische Orientierung des entziehenden Elternteils am Lebensweg der Kinder und führt meist zu einem transgenerationalen Risikotransfer, mit dem die entstehende Problematik in die Folge-Generation übertragen wird.
Gerade Mädchen sind die Garanten der Übertragung von Vaterlosigkeit. Es gibt inzwischen viele Familien, die nur noch aus Müttern und Kindern bestehen, oft über mehrere Generationen hinweg. Jugendämter und (Sozial-)PädagogInnen kennen diese transgenerational wirksamen Familienschicksale.
Die logische Konsequenz müsste sein, dass Trennungseltern ihre Egoismen zurückstellen und für ihre Kinder ELTERNPARTNER bleiben. Wer dies nicht schafft, prägt ein Horrorelement in der Zukunft seines Kindes.