Gerade einmal 1 knappes Jahr nach der Gründung des „Väteraufbruch für Kinder Karlsruhe“ hatten wir die Gelegenheit, bei einer Fachtagung in Karlsruhe mitzuwirken.
Für mich damals spannend war, dass neben mir auf dem Podium der Richter saß, der einige Jahre zuvor familiengerichtlich in meinem Fall zuständig war.
Beitrag des VAfK, Kreisgruppe Karlsruhe
zur Podiumsdiskussion bei der Tagung der
Interdisziplinären Facharbeitsgemeinschaft Trennung und Scheidung
am 18.10.2002 im Caritas-Waldheim, Karlsruhe
Konzeption des Podiumsbeitrages von Franzjörg Krieg
Väter leiden unter Trennung und Scheidung so sehr wie Kinder und Mütter
In diesem Zusammenhang gibt es – psychologisch gesehen – entweder nur Gewinner oder nur Verlierer. Dass Väter von Trennung und Scheidung – in viel höherem Maß, als im öffentlichen Bewusstsein verankert – betroffen sind, zeigen viele Studien, wie z.B. die neue und noch laufende „Väterstudie“ von Prof. Amendt, Uni Bremen. Er zeigt auf, dass viele Väter an der ihnen von Mutter und mütterorientierten Institutionen vordiktierten Situation leiden, in vielen Fällen psychisch krank werden oder auch zerbrechen, wie die erschreckend hohe Selbstmordrate entrechteter Väter zeigt.
Väter brauchen dringend Beratung und Hilfe.
Es gibt ein umfangreiches Beratungsangebot öffentlicher und privater Organisationen. Sie alle stellen fest, dass Väter dieses Angebot selten wahrnehmen.
Was sind die Gründe?
Zunächst wäre da wohl auch eine „Beratungsresistenz“ von Männern festzustellen, von denen in der Gesellschaft schulterklopfend erwartet wird, dass sie „ihren Mann stehen“ und Probleme dieser Art wegstecken könnten. Sie müssen weiterhin produktiv sein und für Frau und Kinder „anschaffen“, was die Zuweisungen von Unterhaltsforderungen mit Nachdruck belegen. Ein „einsamer-Wolf-Effekt“ trifft sicher die Situation so mancher Väter, die ihre Überforderung nicht zugeben können und vor dem Eingeständnis der Überforderung eher zerbrechen.
Wir stellen im VAfK allerdings fest, dass Männer als Väter offen und durchaus kommunikativ sind. Das kann doch nur bedeuten, dass sie dann kommunikationsarm werden, wenn sie spüren, dass sie eigentlich „über den Tisch gezogen werden“ sollen.
Eine unserer Ansicht nach entscheidende Komponente stellt damit der Charakter der Beratung in ihrer bestehenden Form dar.
Beratung ist eingebettet in ein System der Familienrechtspraxis
und des institutionalisierten Umgangs mit Trennung und Scheidung. Dieses System hinterlässt in der Mehrheit entrechtete und missachtete Väter, die für Jahre oder Jahrzehnte für ihre Kinder und eventuell für die Mutter (von der sie verachtet werden) zu arbeiten und zu zahlen haben, wofür ihnen ihre Kinder oft auch noch dauerhaft entzogen werden. Alle Institutionen unterstützen in erschreckendem Maß und Perfektion diese Mechanismen und können sich gegen Mütter, die erkanntermaßen schädigend handeln, nicht durchsetzen.
Wo sollen Väter in einem solchen System das Vertrauen hernehmen,
das einer Entscheidung für Beratung zugrunde liegen muss?
Männer, die sich trotzdem beraten lassen wollen, erfahren zunächst oft, dass sie nicht beraten werden:
- das Jugendamt berät Väter oft nicht, sondern verweist auf einen Rechtsanwalt
- es gibt viele Beispiele, wo Vätern gesagt wird, dass alle Termine auf lange Zeit von zu beratenden Müttern belegt sind oder dass sie nur eine Chance hätten, wenn sie die Mutter ihrer Kinder zu einem gemeinsamen Termin mitbringen könnten. Diese jedoch verweigert eine gemeinsame Beratung, weil sie fürchtet, dass ihre Position hinterfragt werden könnte.
Falls es zu einer Beratung kommt, erfahren Väter oft, dass ihnen grundsätzlich Misstrauen entgegengebracht wird. Väter werden nicht ernst genommen, ihre Befindlichkeit wird nicht aufgenommen, in vielen Fällen werden alle ihre Äußerungen zu ihren Ungunsten interpretiert, weil die Prämisse mütterzentriert ist und alles als störend empfunden wird, was das Dogma der alleinerziehenden Mutter aus deren Sicht untergraben könnte.
Beratung muss kompromisslos kindzentriert sein.
Väter und Mütter dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Beide müssen im Interesse des Kindes in die Pflicht genommen werden – aber nicht nach dem Motto: Mutter erzieht, Vater zahlt.
Beratung muss geschlechtsspezifisch differenzierende Methoden berücksichtigen.
Männer drücken ihre Betroffenheit oder Überforderung anders aus als Frauen. Wenn das Verhalten von Frauen in der Beratung als Norm definiert wird und Männer in ihrer anderen Verhaltensweise danach bewertet werden, geht das an den Bedürfnissen der zu beratenden Klientel Männer vorbei.
Männer sind – in der Sprache der industriellen Marktwirtschaft – für Beratung ein neuer Markt. Wir können die Bedürfnisse dieses neuen Marktsegments beschreiben, um das Produkt „Beratung“ einer Optimierung zuzuführen.
Beratung muss neue Wege gehen. Paarberatung zeigt in seltenen Fällen geglückter Mediation Erfolge. Oft wird sie von einem Teil boykottiert oder fährt sich in der emotionalen Verstrickung fest. Heterosexuell zusammengesetzte Gruppen ohne Paarbindung sind z.B. nicht in dieser Gefahr, eröffnen Möglichkeiten des Verständnisses der anderen Seite und wurden von Männern aus unserem Kreis schon als sehr hilfreich erfahren.
Ich möchte nachdrücklich dafür appellieren, bestehende Strukturen zu überdenken, Väter als Beratung benötigende und beratungswürdige Klientel ernst zu nehmen und in ihrer Befindlichkeit zu erkennen.
Väter werden sich dann für Beratung öffnen, wenn die Entscheidungen, die in familienrechtlichen Zusammenhängen getroffen werden, in der Öffentlichkeit belegen, dass Väter überhaupt in ihrer Befindlichkeit erkannt und berücksichtigt werden.