Mit diesem Buch liegt eine weitere Monografie zum Schicksal eines Trennungsvaters vor. Es ist wichtig, dass es viele solcher Monografien gibt.
Alles Weitere ist eine Frage der Qualität.
Es gibt einige grottenschlechte Beispiele dazu.
In diesem Fall ist die Qualität auf den ersten Blick ansprechend. Sowohl Titelgestaltung als auch Text sind marktgerecht und das Buch liest sich fast flüssig.
Auf den zweiten Blick fällt erst auf, dass beim Endlektorat zu wenig Sorgfalt aufgewendet wurde, was aber bei solchen Publikationen in eigener Steuerung und ohne Verlag meist der Fall ist. In Zeiten von offen zur Verfügung stehendem ChatCPT dürfte es aber auch ohne professionellem Endlektorat nicht mehr vorkommen, dass eine Seite 1 – 3 orthographische, grammatikalische oder sachliche Fehler enthält. Dirk Peter bemühte sich um bilderreiche, illustrative Sprache, die allerdings hin und wieder so überladen ist, dass er sich in grammatikalisch falsche Konstrukte vergaloppiert. Es wäre auch vermeidbar, dass auf einer Seite mehrere Zeilen im Blocksatz große Lücken aufweisen, weil überlange Wortkonstruktionen in der Folgezeile nicht durch eine Silbentrennung aufgebrochen wurden. Und dass bei 37 Kapiteln das Kapitel 32 fehlt, sollte in einer 19,99 Euro kostenden Zweitauflage wirklich nicht der Fall sein.
Bezüglich der Analyse zu den Funktionsweisen unseres Systems von Trennungsintervention sind viele Äußerungen treffend und nicht nur auf BW („The Länd“), sondern auch auf die gesamte Bundesrepublik übertragbar.
Was Dirk Peter nicht verstanden hat, ist der Umstand, dass ein emotional gesteuerter Mensch, auch, wenn er sich selbst für klug genug hält, nie allein vor dem Familiengericht auftauchen sollte. Insoweit lag von seiner Seite eine Unterschätzung des Desasters oder eine Überschätzung seiner Genialität vor.
Wenn er dann noch das Talent haben sollte, mögliche Unterstützter oder auch Einzelpersonen unter den Professionen so vor den Kopf zu stoßen, dass diese für ihn ausfallen oder ihn entsprechend bewerten müssen, hat er natürlich ein Problem.
Ein zweites Problem ist, dass er ebenfalls nicht verstanden hat, woher die Problematik kommt. Er verprügelt den Kioskbesitzer, der ihm den Lottoschein verkauft hat, weil er nicht gewonnen hat – obwohl es nur das Geschäft dieses Menschen bedeutet, ihn als Verkäufer zu bedienen. So arbeitet sich Dirk Peter an seinen nächsten Kontakten ab, den Professionen, die nichts weiter machen, als das durchzuführen, was die Politik festgesetzt hat. Er hat nicht verstanden, dass sein eigenes Verhalten als Wähler und als politisch aktiver „Stimmungsmacher“ in seinem Umfeld ein Schlüssel zum Thema bedeutet. Das Problem ist im Kern ein Politisches. Es ist absurd, zu meinen, der Verfahrensbeistand, der Gutachter oder der Richter müssten alle politischen Steuerungselemente vergessen und jeden Fall über- und allparteilich so regeln, dass die beste Lösung für alle dabei möglich sein kann. Dieses System schützt sich selbst durch vielfältige Steuerungsmechanismen vor einer von der Politik nicht gewollten Auslegung. Zur Zeit ist es absolut hoffnungslos, von der Politik Veränderungen zu erwarten. Alles konstruktive Veränderungspotential kommt derzeit allein aus den Professionen. Diese nur noch anzugreifen, ist nicht der taktisch klügste Weg.
Ich muss also zunächst die Politik in die Pflicht nehmen und muss versuchen, den für die Professionen übrig bleibenden Interpretationsspielraum zu beschreiben und deren Entscheidungsfindung innerhalb dieses Spielraums thematisch aufzubrechen. Das ist nicht geschehen.
Was natürlich ebenfalls zu kurz kommen muss, wenn nicht der gesamte Verfahrens-Schriftwechsel zur Verfügung steht, ist der Eigenanteil in der Kommunikation, den ich in den Entscheidungsprozess mit einbringe. Wenn ich mich meinem Gegenüber grundsätzlich egozentrisch, fordernd und bei Missfallen übergriffig präsentiere, muss ich mich nicht wundern, wenn ich in einem System, das darauf ausgerichtet ist, mich als den Schuldigen zu identifizieren, mich selbst als solchen freiwillig anbiete.
Solche Wirkungsweisen können natürlich nicht erfasst werden, wenn allein die Sichtweise einer Seite präsentiert und alles Andere ausgeklammert oder verdammt wird.
Was kann ein solches Buch sein?
Für den Autor:
- Bewältigung, Verarbeitung, Therapie
- Abrechnung, Psychohygiene
- Analyse
Für den Rezipienten:
- Information
- Unterhaltung?
Man erspürt im Text deutlich den Impetus, abrechnen zu wollen, weniger zu verstehen oder zu bewältigen. Ich halte das für legitim, weil ich niemand Masochismus zuweisen möchte. Aber mir reicht die Durchdringungstiefe nicht.
Manchmal ist Bewältigung auch zu schmerzhaft und muss umgangen werden.
Der Informationsgehalt für den Rezipienten ist vordergründig gegeben, erschöpft sich aber weitgehend an der Oberfläche, was insgesamt zu Fehlinterpretationen führt. Nicht die RichterInnen allein tragen die Schuld an miserablen Entscheidungen der Familiengerichte. Sie treffen diese in einem Klima, in dem einer auf den anderen sieht und beobachtet, ob die Stalldisziplin auch eingehalten wird. Weitere Entscheider wie die Frauen vom Jugendamt (zu 85%), Verfahrensbeistand/beiständinnen und GutachterInnen liefern die Begründungen für die jeweilige „Richtigkeit“ der Entscheidungen. Und alle sind vereint in einem Setting, in dem Meinungshoheiten dadurch bestimmt werden, welche Institutionen und Vereine von der Politik über die Zuweisung von Steuergeldern bevorzugt und damit zu Meinungs-Monopolisten gekürt werden.
Dieses Buch erkennt keine dieser Zusammenhänge.
Trotzdem ist Dirk Peter so kühn, im Vorwort zu formulieren: „Ziel des Buches ist es, eine längst überfällige Reform des kinder- und elternzerstörenden Familienrechts zu bewirken…“
Ich denke, wir sollten den Wert des Buches nicht an diesem selbst gesetzten Ziel messen.
Zu den Äußerlichkeiten im Einzelnen:
1.
„Väter in Deutschland zwischen Amok und Suizid“
Das ist ein Titel im Stil einer Boulevard-Zeitung; reißerisch, unpräzise, am Thema vorbei.
Es geht nicht um Väter allgemein. Väter in einem Setting, das unauffällig ist und von der Mutter akzeptiert wird, erkennen gar nicht, dass es Probleme geben könnte.
Sobald zwischen der Befindlichkeit der Mutter und den Ansprüchen des Vaters ein Dissens entsteht, und sobald dieser für die staatliche Intervention erkennbar wird – erst dann erkennen Väter, dass die Steuerungsmechanismen in unserem System eine Fehlfunktion aufweisen: Sie sind sexistisch allein auf die Bedienung der subjektiven Interessen der Mutter ausgerichtet. Das betrifft nicht Väter allgemein, sondern in der Regel Trennungsväter.
Amok und Suizid sind Auswirkungen, die in der öffentlichen Wahrnehmung bei rund 200.000 Trennungen von Eltern (ehelich und nicht ehelich) jährlich und einer heißen Phase der Wirkungsweise von angenommenen 5 Jahren aktuell rund eine Million Fälle betreffen. Die Betroffenenzahlen werden durch die dahinter stehenden Familien und einer meist lebenslangen Wirkung um das Vielfache potenziert.
Wenn man diese ungeheure gesellschaftliche Relevanz mit den Zahlen zu den bekannt werdenden Amokläufen und Suiziden von Vätern vergleicht, gibt es absolut keine Relevanz, die im Titel suggeriert wird.
Was im Kopf abläuft und was dann gesellschaftlich auch wirksam wird, sind natürlich zwei völlig unterschiedliche Welten.
Wenn in einem Titel auf diese Weise formuliert wird, MUSS im Vorwort erläutert werden, warum trotz entgegenstehender gesellschaftlicher Erfahrung eine solche Formulierung gewählt wird.
Da das Buch in der Titelgestaltung infolge der emotionalen Steuerung aber den Stil einer Boulevard-Zeitung kopiert, geschieht dies nicht.
2.
„Ein aktueller Einblick in die vernichtende Familienrechtspraxis in und um ‚The Länd‘“
Dirk Peter fokussiert also auf SW-Deutschland. Und das ohne jeden Hinweis auf Homogenität oder Unterschiedlichkeit der familialen Abläufe im Vergleich zu anderen geographischen Bereichen in Deutschland.
Sind die Abläufe gerade in BW so besonders? Objektiv nicht. Warum dann diese Fokussierung?
Der Schlüssel liegt in der fehlenden Durchdringungstiefe einer Analyse, die die politischen Hintergründe der Abläufe in die Überlegungen einbezieht. Dirk Peter hat nur eine Erklärung: Die Professionen sind schuld. Und dabei natürlich die Professionen, mit denen er in seinem eignen Fall in Kontakt kam.
3.
„Väter in Deutschland zwischen Amok und Suizid“ von Dirk Peter entlarvt die schockierende Benachteiligung von Vätern im deutschen Familienrecht. Mit persönlichen Geschichten und einer scharfen Analyse deckt er die kulturellen und rechtlichen Ungerechtigkeiten auf, die Vätern den Zugang zu ihren Kindern verwehren. Das Buch zeichnet ein Bild von Verlust und Verzweiflung, fordert aber auch mutig eine gesellschaftliche und rechtliche Neubewertung der Vaterrolle. Ein kraftvoller Weckruf für Gleichberechtigung und Gerechtigkeit, der das dringende Bedürfnis nach einem kinderzentrierten Ansatz im Familienrecht unterstreicht – ein Muss für jeden, der sich für Kinder- und Elternrechte interessiert.“
Ist eine „scharfe Analyse“ auf der Basis „persönlicher Geschichten“ treffsicher? Ist diese Analyse dann allgemeingültig?
Die Analysearbeit vieler kluger KritikerInnen im System haben inzwischen natürlich öffentlich werden lassen, dass die deutsche Familienrechtspraxis hinterwäldlerisch desolat ist. Dafür sind die persönlichen Erfahrungen von Dirk Peter ein weiterer Beleg. Aber er allein ist nicht der Autor der Analysearbeit. Er fußt auf der Arbeit der vielen AnalytikerInnen und erklärt, er allein hätte durch „seine“ Geschichte den Beweis erbracht. Das ist natürlich Nonsens.
Die aus „Verlust und Verzweiflung“ resultierenden Reaktionen von Trennungsvätern in Deutschland sind vielfältig:
Einer schreibt ein Buch, ein anderer erstellt eine Homepage mit Hunderten von Aufsätzen und Abrufzahlen im Millionenbereich, wieder ein anderer hängt sich hoch an die Fassade eines Familiengerichts (10.09.2024 AG Tuttlingen). Es gibt entrechtete Trennungsväter, die in der Psychiatrie, im Suff oder im sozialen Aus auf der Straße landen. Die meisten arrangieren sich irgendwie oder versuchen, alles in einer neuen Familie zu überspielen. Was aber sehr selten geschieht – und wenn, dann wird es nicht öffentlich – sind Amok und Suizid. Das bleibt meist im Kopfkino verborgen.
4.
„Reihe 1, Band 1, Nr. 1“
Dirk Peter hat sich viel vorgenommen und wir werden sehen, ob er seinem eigenen Anspruch gerecht werden wird.