Wenn man die Entwicklungen der letzten fast drei Jahrzehnte, seit denen der VAfK besteht, überblickt, fällt die Zähigkeit auf, mit der unsägliche Auswirkungen einer fehl geplanten Familienpolitik die deutsche Gesellschaft bestimmten. Obwohl Fthenakis schon lange erklärt hatte, dass Trennung und Scheidung nicht das Ende einer Familie bedeuten, sondern dass Elternschaft weiter besteht und Familie durch Trennung einen Veränderungsprozess (Transition) durchläuft, blieb die Politik stur bei der Haltung, dass Familienpolitik mit einer Trennung aufhören müsse. Danach könnte es nur noch die Förderung von Alleinerziehenden geben, was deren Lobby mit viel Lamento und Aggressivität auch weiter einforderte.
Die Ersten, die sich durch willfährige Unterstützung dieser Lobby eine blutige Nase holten, waren die Damen und Herren des Bundesverfassungsgerichtes. Sie urteilten am 29.01.2003 noch, dass nicht eheliche Mütter zu Recht das Alleinige Sorgerecht besitzen würden, weil nicht eheliche Väter umfassend unverantwortlich und den Kindern nicht zumutbar seien.
Sieben Jahre später musste diese deutsche Fehleinschätzung DER wichtigsten und am besten bezahlten Expertentruppe durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte korrigiert werden. Das Bundesverfassungsgericht wollte seine Niederlage schnell vom Tisch haben und reagierte prompt und gründlich. Ab sofort sollten Richterinnen und Richter auch ohne gesetzliche Regelung (!) beschließen dürfen.
Die Zweiten, die sich durch die Alleinerziehenden-Lobby verleiten ließen, nicht mehr begründbare Fehler zu machen und die sich wohl damit – gerade im Wahljahr 2017 – eine üble Blamage einfahren werden, sind die Damen und Herren des Bundesfamilienministeriums.
Alle warten derzeit auf die lange angekündigten und mit Spannung erwarteten Ergebnisse der PETRA-Studie zur Betreuungsrealität von Kindern nach Trennung und Scheidung in Deutschland. Diese Studie soll Erkenntnisse liefern, die im Rahmen der gerade in Deutschland erbittert geführten Diskussion um die Doppelresidenz (Wechselmodell) wichtig erscheinen.
Beobachter der Studie konnten feststellen, dass während laufender Studie klammheimlich das Studiendesign geändert wurde. Plötzlich konnten Personen, die vorher teilgenommen hatten, nicht mehr teilnehmen. Fragen wurden im Wortlaut verändert und die Durchführenden der Studie waren an diesen neuen Wortlaut gehalten.
Es scheint so, dass diese Änderungen durch die Alleinerziehenden-Lobby veranlasst waren und dass das BMFSFJ diese – unter Übergehen des wissenschaftlichen Beirates der Studie – einfach machtpolitisch durchsetzten.
Damit ist die Wissenschaftlichkeit der Studie nur noch ein Scheinanstrich zu einer politisch-ideologischen Posse.
Die Ergebnisse sind im Voraus gesteuert und nicht mehr verwertbar. Politisches Renommee ist demontiert und Steuergelder sind verschwendet.
Dazu: Mein Offener Brief an Bundesministerin Schwesig.
Es braucht aber solche Auswüchse, um den tiefen Sumpf ideologischer Fehlorientierung trocken zu legen. So, wie die Fehlentscheidung des BVerfG 2003 inzwischen dazu geführt hat, dass das Gemeinsame Sorgerecht zum Leitmodell wurde, wird die Posse des BMFSFJ bald dazu führen, dass die Doppelresidenz in Deutschland nicht mehr aufzuhalten sein wird.
Das Wahlvolk lebt sie indessen schon mal vor und muss Behörden und Ämter klug austricksen, um eine völlig gegenläufige Welt von Bestimmungen und Gesetzen ihrer Lebenswirklichkeit irgendwie anzupassen.
Seit einigen Jahren sind Marksteine in der Veränderung auszumachen. 2009 waren das die öffentliche Diskussion um den Film „Der Entsorgte Vater“ und die Einführung des FamFG. 2012 die erste Präsentation von Inhalten des damals noch nicht erschienenen Buches „Wechselmodell“ durch die Autorin Hildegund Sünderhauf beim VÄTERKONGRESS in Karlsruhe. Und seit Anfang 2015 reagieren die Medien mit andauernder Thematisierung unserer Belange.
Am 20.04.2015 war es die SZ, die eine alte Forderung von uns zum Thema machte und damit die politische Bedeutsamkeit eröffnete: „Getrennt heißt nicht alleinerziehend“.
Keine zwei Jahre später sind Schlagworte, die von uns ausgehen, wie „Doppelresidenz“, „gemeinsame elterliche Verantwortung“ und „getrennt erziehen“ in der politischen Diskussion etabliert.
Frau Schwesig hat sich zwar immer noch nicht als Bundesmännerministerin bezeichnen lassen und in einer mütterorientierten Umgebung wird sie auch weiter das alte profeministische Kampfvokabular zitieren, aber bei Gelegenheiten, die die neue Orientierung der Einbeziehung auch männlicher Belange ins Handlungsschema des „Bundesfrauenministeriums“ aufzeigen, hat sich das wording schon deutlich erweitert.
So z.B. auch am 26. Januar 2017, als das Zukunftsforum Familie (ZFF) eine Veranstaltung zum Elterngeld plus für Väter im Familienministerium veranstaltete. Das politisch gut besetzte Forum ließ auch Raum für kritische Töne und für die bisher fehlende politische Unterstützung getrennter Eltern und deren besonderem Aufklärungs- und Beratungsbedarf.
Es fehlten auch nicht die Hinweise auf „Getrennterziehende“ und auf die Partnerschaftlichkeit der Eltern von Anfang an und über die Trennung hinaus.
In der WELT vom 24.01.2017 zitierte Sabine Menkens aus dem politischen Sprachgebrauch des BMFSFJ:
„Wir erwarten von den Frauen, dass sie sich selbst versorgen und ihre Rente selbst erwirtschaften können“, sagt Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung. Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) nickt dazu. „Moderne Familienpolitik bedeutet, dass Mütter und Väter ihre Vorstellung von partnerschaftlicher Aufgabenteilung gleichberechtigt leben können. Das ist der Zukunftstrend“, sagt Schwesig.
Und:
„Die Väter sind die Motoren des Wandels“, schlussfolgert Schwesig.
Wenn das nicht neue Töne sind!
Im Familienwegweiser ist zum Thema Elterngeld für Alleinerziehende sogar zu lesen, dass ab 30 Prozent Betreuungsanteil beim Vater in beiden Haushalten eine häusliche Gemeinschaft mit dem Kind vorliege. Zitat: „In diesen Fällen besteht kein Anspruch auf die zusätzlichen Monate eines Elternteils (siehe auch: Getrennt erziehende Eltern).“
Bewegt man sich also aufmerksam in den öffentlich zugänglichen Texten, ist unser gesellschaftspolitische Einfluss deutlich zu spüren.
Natürlich sind viele Väter in ihren Trennungsquerelen immer noch dem unseligen Wirken mütterzentrierter Lobbyistinnen und deren ritterlicher Unterstützer ausgesetzt. Dann ist durchaus üblich, dass ein Vater staunend erfahren muss,
dass das Kind nach derzeitiger Wahrnehmung zwar sehr gerne bis abends in der Nachmittagsbetreuung geparkt werden darf oder sogar soll, natürlich auch zur Klavierstunde, dem Sportverein und der Oma gehen darf, aber eben nicht zum anderen Elternteil, dem Vater. Der Vater wäre als Bezugsperson grundsätzlich „bedenklich“ oder „entbehrlich“. Da bräuchte das Kind plötzlich „Ruhe“ oder die Zeit beim Vater würde es „verwirren“. – (DANK an Hans für die Formulierung!)
Ich konnte erleben, dass Frau Edith Schwab als RAin einer Mutter vom Vater im familienrechtlichen Verfahren verlangte, dass er 50 Wochenstunden Fremdbetreuung durch eine Tagesmutter unterschreiben sollte, um der Mutter „das Arbeiten zu ermöglichen“.
Der Vater sollte seine eigene Entsorgung als Betreuer seines Kindes selbst mit besiegeln!
Solche Auswüchse werden auch weiterhin immer noch den familienrechtspraktischen Alltag mit bestimmen.
Aber es ist evident, dass sie über kurz oder länger auf dem Müllhaufen der Geschichte landen werden.
Wir haben es in diesem Jahr einmal wieder in der Hand, diejenigen Personen, die wir als unsere Volksvertreter wählen sollen, auf das zu verpflichten, was sie uns schuldig sind.
Dann wird auch in der kommenden Legislaturperiode die Doppelresidenz ein Thema der regierungspolitischen Agenda werden.