Die spezielle Situation zur Diskussion des „Wechselmodells“ (Doppelresidenz) in Deutschland
Aktuell liegt mir ein Gutachten zur Betreuung zweier Kinder im Alter von 5 und 6 Jahren vor.
Das Wechselmodell wird ausgeschlossen, obwohl es schon gelebt und danach im Rahmen der familiengerichtlichen Auseinandersetzungen zunächst auf 9:5 beschränkt wurde. Dabei erfolgte die Beauftragung des Gutachtens.
Der/die Sachverständige gibt nicht die Internationale Studienlage durch Vorlage bzw. Zitierung der Originalquellen wider, sondern behauptet die Bewertung der Doppelresidenz durch die Internationale Studienlage anhand der Behauptungen deutscher Wechselmodellgegner.
Die angegebenen Referenzen (in der Reihenfolge ihrer Zitierung):
Walper & Lux, 2016
Sünderhauf, 2016
Kostka, 2016; Kannegießer, 2019
Kannegießer, 2019>
Emery, 2016; Salzgeber, 2016
Modecki et at 2015; Kostka, 2016; Salzgeber, 2016; Walper & Langemeyer, 2019
Emery, 2016
Kostka, 2016; Salzgeber, 2016
Walper & Lux, 2016; Langmeyer, 2017
Salzgeber, 2016
Walper & Lux.. 2016
Salzgeber, 2016
Kannegießer, 2019
Forthin et al., 2012, nach Kostka, 2016
Gödde & Fthenakis, 2008
Salzgeber, 2016
Es fällt auf, dass die international bedeutendsten Wissenschaftler nicht genannt werden. Stattdessen werden insbesondere die deutschen Wechselmodellkritiker und Wechselmodellgegner aufgeführt.
Das hat natürlich auch damit zu tun, dass deutschsprachige Literatur nur begrenzt vorliegt, die internationale Studienlage nicht widerspiegelt und dass politisch-ideologische Mehrheitsverhältnisse als Filter funktionieren.
Trotzdem bezeugt die Auswahl der Referenzen eine ideologisch geprägte einseitige Aufstellung des/der Sachverständigen.
Damit ist dieses Gutachten ideologisch prädisponiert und zum Thema Wechselmodell zwar typisch für Deutschland aber infolge fehlender Wissenschaftlichkeit nicht zu verwerten.
Die Haltung der/des Sachverständigen belegt den typischen deutschen Mainstream.
Dieser ist wechselmodellkritisch bis wechselmodellgegnerisch und macht damit einen internationalen Alleingang.
Warum?
Während in Ostdeutschland und auch z.B. in Frankreich historisch Vollbeschäftigung auch für Frauen Realität war, lebt in Westdeutschland das Hausfrauenmodell munter weiter, bzw., obwohl es nicht mehr im selben Maß wie noch in den 60er Jahren gelebt wird, wird so getan, als wären wir noch in den 60ern. Dort, wo die Frauen vollbeschäftigt sind, ist das Wechselmodell eine logische Folge der Beschäftigungsverhältnisse.
Fast rund um Deutschland – außer im Süden – orientieren sich feministische Bestrebungen mehrheitlich auf die Vollbeschäftigung von Frauen und damit auf die (paritätische) Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit.
In Deutschland wird aber – ausgehend von der Orientierung auf die Mutter als Hausfrau – nach den Idealen „Alleinerziehen als Erfolgsmodell“ und der „Einelternfamilie“ darauf abgezielt, den Vater nur noch zur Alimentation zu benutzen und ansonsten die Hausfrau und Mutter durch zusätzliche Alimentation und weitere Unterstützung durch den Staat autonom aufzustellen. Die weitgehende Entsorgung von Vätern und deren Missbrauch in einem prostitutionsnahen System wird damit zur deutschen Eigenheit.
Die generelle Steuerung geschieht politisch-ideologisch im Bundestag. Wie dort argumentiert wird, konnte das deutsche Wahlvolk am 15.03.2018 bei der Debatte zum Antrag der FDP in Sachen Wechselmodell erleben.
Die Langversion gibt es HIER
Meine Bemerkungen dazu HIER
Die Auswahl der Experten bei der ohne öffentliche Übertragung am 13.02.2019 stattgefundenen Anhörung im Bundestag zum Wechselmodell zeigt ebenfalls die politisch-ideologische Machtverteilung im Bundestag.
Die Verteilung von 7 Gegnern und Kritikern gegen 2 Befürworter spiegelt die ideologischen Machtverhältnisse im Bundestag – aber eben nicht die internationale Studienlage.
Die Haltung der Professionen wird durch den Deutschen Familiengerichtstag (DFGT) verkörpert.
Bei der Tagung des DFGT 2013 referierte Prof. Hildegund Sünderhauf zum Wechselmodell. Ihr Arbeitskreis war so überbucht, dass er mit über 60 Teilnehmenden statt in einem Seminarraum im Audi Max tagen musste.
Das überwältigende Votum dieses größten Arbeitskreises, den der DFGT in seiner Geschichte hatte, wurde vom Vorstand des DFGT ignoriert und nicht auf deren HP veröffentlicht. Es war der Vertretung der Professionen in Deutschland zu wechselmodellopportun.
Wenn das Wechselmodell tatsächlich zur Deeskalierung beitragen könnte – wie aus der internationalen Studienlage hervorgeht, würden für die Professionen, die ausschließlich vom Streit leben, die fetten Weidegründe schwinden. Außerdem würde die Bedeutung der Väter steigen, was politisch-ideologisch nicht erwünscht ist.
In einem solchen Fall werden alle demokratischen Spielregeln ignoriert, wird vertuscht und getäuscht.
Das SPD-gesteuerte Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (also für alle, außer für Männer von 18 – 65) steuert die Gender-Ideologie im Interesse von Frauen und Müttern in Deutschland. Deshalb wird die Bundesfamilienministerin (immer eine Frau) auch immer wieder als Bundesfrauenministerin bezeichnet, aber nie als Bundesmännerministerin.
Wundert es, dass es ein Bundesmännerforum nur geben darf, weil es finanziell und ideologisch von den Brotkrumen vom Tisch des Ministeriums für alle außer Männer existiert?
Eben dieses Ministerium machte sich die Haltung der Väterausgrenzenden zu eigen und meinte auch, dass die internationale Studienlage zum Wechselmodell für Deutschland nicht zutreffen kann. Sowohl die Situation von Trennungseltern in Deutschland als auch die Psychen deutscher Kinder seien so eigen, dass internationale Studien dazu nicht geeignet sein könnten. Wir brauchen also unbedingt eine eigene deutsche Studie.
Diese wurde in Form der PETRA-Studie 2016 in Auftrag gegeben.
Seither gibt es keine Weiterführung der Diskussion mehr in Deutschland. Alle verweisen auf die laufende Studie. Jeder Hinweis auf die internationale Studienlage wird in Deutschland damit abgewürgt.
Die inzwischen fertige Studie leidet schon vor ihrer Veröffentlichung an eklatanten Mängeln, die bewusst erzeugt und vom BMFSFJ geplant und gesteuert wurden:
- Es wurde mit dem Budget von 2,2 Millionen Euro eine zu untersuchende Auswahl von etwa 2000 Fällen angedacht. Die größte schwedische Studie umfasst dagegen 154.000 Fälle.
- Das BMFSFJ griff während laufender Studie machtpolitisch ins Studiendesign ein und veränderte die Bedingungen aufgrund von Forderungen der Lobby für alleinerziehende Mütter unter Auslassung des wissenschaftlichen Beirats. Dazu HIER
- Die Studie ist wohl seit dem Frühjahr 2019 fertig, wird aber vom BMFSFJ unter Verschluss gehalten. Was passt der SPD nicht in ihre ideologische Aufstellung?
Unter diesen Voraussetzungen sind die Ergebnisse schon jetzt im Hinblick auf Interesse an der weiteren Marginalisierung und Entsorgung von Vätern und Bevorzugung von Mütterinteressen vorgeprägt und wissenschaftlich entwertet – wenn nicht international der Lächerlichkeit bundesdeutschen Handelns preisgegeben.
Es muss natürlich die Frage gestellt werden, warum eine Partei, die sich seit Jahren im Absturz befindet und um den Verlust einer 2-stelligen Wählerprozentzahl fürchten muss, in Sachen ideologisch gesteuerter Familienpolitik 100% Wähler bestimmt.
Alle am Thema ideologisch, politisch und professionell interessierten Personen gestalten seit etwa dem Jahr 2012 (Prof. Hildegund Sünderhauf stellt beim VÄTERKONGRESS 2012 in Karlsruhe ihr in Arbeit befindliches Buch zum ersten Mal öffentlich vor) über Veranstaltungen und über die Medien aktiv die öffentliche Diskussion, wodurch die Erörterung zum Wechselmodell alle Themen der familialen Intervention seither dominiert und die Strickmuster bundesdeutscher Prägung schonungslos offenlegt.
International sind wir in Deutschland aktuell in einem familienpolitischen Historienfilm aus etwa nach der Mitte des letzten Jahrhunderts.
Internationale Studienlage
In der Aufstellung von Prof. Hildegund Sünderhauf aus dem Jahr 2016 werden 51 Internationale Studien aufgeführt.
Die Zustimmung zur Doppelresidenz (Wechselmodell) ist überwältigend:
39 positionieren sich positiv
8 neutral/gemischt
2 negativ
Diese eindeutige Studienlage wird in Deutschland verschwiegen, weil es nicht der politisch-ideologischen Vorgabe entspricht.
Eine Person, die sich in Deutschland auf wissenschaftlicher Basis zur Doppelresidenz positionieren möchte, kann dies aber nur auf der Basis dieser Studienlage machen.
Wer das verschweigt oder so tut, als wäre die Diskussion international eben nicht überwiegend pro Doppelresidenz, arbeitet unwissenschaftlich und betreibt Volksverhetzung.
Wie ging es im Fall der Trennungsfamilie weiter, für die das oben geschilderte Gutachten in Auftrag gegeben wurde?
Der Vater schrieb an mich:
Vor der Verhandlung fand die richterliche Anhörung der beiden Kinder statt.
In der Verhandlung wurde zunächst von der Befragung der Kinder berichtet:
Unser 6-jährige Sohn äußerte klar den Wunsch, dass er mehr Zeit beim Vater verbringen will. Auf die Frage, in welche Schule er gehen wolle, äußerte er sich klar. Er war auch durchaus in der Lage, seine Wünsche zu begründen. Die Frage, wer das gesagt habe, beantwortete er mit: „Der Papa hat das gesagt“.
Seine 5-jährige Schwester beantwortete keine Fragen, beziehungsweise antwortete „unpassend“.
Die Richterin teilte ihre Einschätzung mit:
Das vorliegende Gutachten sei sehr gut gemacht. Es bestehen ihrerseits keine Zweifel an der Richtigkeit, der Verfahrensbeistand pflichtete bei. Sie lese ganz klar heraus, dass es eine Absage an das Wechselmodell enthält und die Empfehlung, dass die bisherige Umgangsregelung fortgesetzt werden solle.
Die Eltern wurden gehört. Die Mutter berief sich in allen Belangen auf das Gutachten. Ich argumentierte inhaltlich gegen das Gutachten und die von den Professionen geäußerten Einschätzungen. Meine Anwältin war gut aufgestellt und argumentierte ebenfalls gegen das Gutachten. Letztlich gingen alle unsere Argumente ins Leere. Wir fragten nach, wie denn die Einschätzung in der Schulangelegenheit wäre: „Die sehe ich eng verknüpft mit dem Lebensmittelpunkt der Kinder“.
In der anschließenden Diskussion wurde ich, insbesondere vom Verfahrensbeistand, mehrfach scharf attackiert, da ich ihn auf die Widersprüchlichkeiten in seinen Aussagen und Einschätzungen hingewiesen habe.
Die Richterin wirkte massiv auf mich ein, ich solle doch die bisherige Regelung anerkennen und den Kindern meine Zustimmung und Übereinkunft vermitteln. Das wäre das Beste für die Kinder.
Ich unterbreitete noch einen Vorschlag:
8:6 zugunsten der Mutter und die Kinder bleiben beim Vater gemeldet.
Dies wurde umgehend von allen Beteiligten abgelehnt „was wollen Sie denn mit einem Tag mehr oder weniger. Das spielt doch keine Rolle“.
Die klare Absage an das Wechselmodell wurde auch durch die mangelhafte Kommunikation der Eltern untermauert. Auch mein Einwand, dass im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung die Kommunikationsfähigkeit wohl kaum beurteilt werden könne, wurde nicht angenommen.
Der Verfahrensbeistand erklärte, dass der Weg zum OLG natürlich offenstehe, dass jedoch keine Erfolgsaussichten bestehen würden und er daher dringend davon abrate, da dies die Familie nur unnötig belaste. Es wäre dann darüber nachzudenken, dass der Umgang mit dem Vater weiter einzuschränken wäre (der Vater als „Störer“).
Ich verweigerte meine Zustimmung zu einer Vereinbarung, sodass die Richterin nun strittig entscheiden muss.
Leider hat keiner sehen wollen, dass es sich bei dem ganzen Theater ausschließlich um die Zementierung der Ausübungsgewalt im Kinderbesitz handelt, der nun sukzessive ausgebaut werden soll.
Mängel im Gutachten wollte ebenfalls keiner diskutieren.