Nach 17 Jahren nicht ehelicher, aber ehegleicher Lebensgemeinschaft mit zwei Töchtern im Alter von 11 und 2 Jahren folgte für mich die kalte und gründliche Entsorgung im Jahr 1994, zu Zeiten ohne Gemeinsames Sorgerecht für nicht eheliche Väter, 4 Jahre vor der Kindschaftsrechtsreform und 15 Jahre vor der Einführung des FamFG.
Das waren Zeiten für Väter, die aus heutiger Sicht noch weit beschissener waren als sich das jetzt für jeden neu betroffenen Trennungsvater anfühlt. Es gab noch nicht einmal das Recht, den Kontakt zu seinem Kind einzuklagen. Das war dann erst ab 1998 möglich.
Die Folge für mich war eine radikale Änderung meiner gesamten Lebensplanung.
Mit dem Entschluss, im Jahr 2001 den VAfK Karlsruhe zu gründen, eine VAfK-Gruppe in der Stadt des Rechts, wo eine solche Gruppe dringend nötig war, gab ich alle Pläne für das danach folgende Leben auf und setzte neue Prioritäten:
Aufbau der Gruppe in Karlsruhe, Aufbau des Landesverbandes BW, Aufbau der Fallsammlung – ab diesem Entschluss war ich keine große Pause über mehr im Lehrerzimmer, sondern im Computerraum. Auch alle Zwischenstunden in meinem Plan und alle Mittagspausen verbrachte ich dort. Und oft stellte ich gegen Mitternacht eben dort fest, dass ich ja den ganzen Tag noch nichts gegessen hatte und dass ich jetzt endlich nach Hause fahren sollte. Keine Wochenenden mehr mit Musik oder Höhlenforschen. Stattdessen viel Input über das Netz und Beratungsarbeit. Ab 2003 auch erste gerichtliche Beistandstätigkeit und das erste Beistandsseminar.
Nach jahrelangem Reinklotzen folgte 2008 der erste VÄTERKONGRESS und 2009 die Premiere des Filmes „Der Entsorgte Vater“.
Beim letzten Väterkongress kam über Angela Hoffmeyers neue Projektgruppe Doppelresidenz der Kontakt zu Hildegund Sünderhauf, die dann auch beim Väterkongress 2012 ihr Buchprojekt lange vor dem Erscheinen zum ersten Mal vorstellte.
Es folgte die Gründung des ICSP, die in Karlsruhe organisierte Ausbildung zum Verfahrensbeistand als weiterer Schritt in Richtung Professionalisierung und der erste Elternkongress.
Parallel zu all diesen Aktivitäten lief die Basisarbeit:
Jeden Donnerstag öffentliches Beratungstreffen mit zurzeit im Schnitt 14 Anwesenden – das sind 700 Anwesenheiten jährlich. Derzeit 150 Neufälle jährlich mit einem Frauenanteil von etwa 15%. Der Frauenanteil betrifft aber nur zu einem minimalen Anteil entsorgte Mütter. Die meisten sind Folgebeziehungen eines entsorgten Vaters und Großmütter väterlicherseits, die ihr Enkelkind nicht mehr sehen können. Hinzu kommen jedes Jahr rund 50 Beistandsaktionen bei den Familiengerichten.
Die Nennung von Zahlen sind kurz vor dem 15jährigen Bestehen des VAfK Karlsruhe angebracht.
Die Summe dieser Arbeit gibt die Möglichkeit, Funktionalismen zu erkennen, Strukturen zu entdecken, Zusammenhänge zu verstehen.
Natürlich ist die deutsche Familienrechtspraxis eingebettet in gesamtgesellschaftliche und politische Rahmenbedingungen, die im letzten halben Jahrhundert gewachsen sind. Der dabei wichtigste Funktionszusammenhang war, im Kontext Frauenförderung und der Implementierung feministischer Strukturen Müttern nach einer Trennung die Verfügungsmacht über ihre Kinder zu sichern. Erst wenn man diese Prämisse als politische Maxime erkennt, können die herrschenden Abläufe als logisch begriffen werden.
Schon lange vorher bestehende Bedingungen zeigen sich als höchst geeignet, in einem solchen System hilfreich zu sein – und werden damit natürlich auch nicht geändert.
Fangen wir bei Paragraf 1591 BGB an:
Mutterschaft ist biologisch definiert und wird in Deutschland gegen Konkurrenz gesichert.
Deshalb sind Leihmutterschaft und Zellkernübertragung in Deutschland verboten. Die kürzlich erfolgte Produktion eines Kindes in Mexiko mit zwei Müttern ist also bei uns nicht möglich.
In Paragraf 1592 BGB ist Vaterschaft dagegen sozial definiert. Das bedeutet in der Realität, dass unter Umständen frei definiert werden kann, wer der Vater eines Kindes ist. In meiner Beratungspraxis erlebe ich, dass die Mutter definiert, wer der Vater ihres Kindes ist, oft derjenige, der gerade mit ihr das Bett teilt. Sukzessive Vaterschaften, wobei die Kinder inzwischen zum dritten oder vierten Mann Papa sagen, gehören zu dieser meiner Beratungs-Realität.
Und wir kennen die vielen konkurrierenden parallelen Vaterschaften: biologischer Vater, sozialer Vater, rechtlicher Vater und viele weitere Vater-Definitionen.
Erst wenn Gleichstellung ernst genommen wird und auch Vaterschaft wie Mutterschaft biologisch definiert wird – die labortechnischen Mittel dazu haben wir längst – und wenn dann Vaterschaft ebenfalls gegen Konkurrenz geschützt wird, erst dann wird deutlich werden, dass auch Väter tatsächlich ernst genommen werden.
Stattdessen wird politisch geplant, Abstammung durch Sozialisation zu ersetzen, Kindern bis zu vier Eltern zuzuweisen und damit Elternschaft beliebig zu gestalten.
Wessen Gene ein Kind in sich vereint, ist höchstens noch über die ererbten Eigenschaften interessant und hat mit der Planung einer Schwangerschaft – realistischer mit der Katalogbestellung eines Kindes – zu tun.
Was das mit den Kindern macht, ist politisch kein Thema. Kinder werden allein als Mittel der Lebensplanung und der Verwirklichung Erwachsener verstanden.
Frauen haben in Deutschland Wahlfreiheit. Im Normalfall entscheiden sie allein, ob sie Mutter werden wollen oder nicht. Sie entscheiden allein, ob sie dazu einen Vater haben wollen oder nicht. Wenn sie schwanger sind, haben sie wieder die volle Wahlfreiheit: Sie allein können wählen, ob sie abtreiben wollen, eine anonyme Geburt bevorzugen, die Babyklappe oder eine Adoption wählen oder ob sie sich für das Kind entscheiden.
Nach der Geburt eines Kindes hat die Mutter also auch durchaus die Möglichkeit, sich mit einem „April, April – war ein Irrtum“ zu verabschieden.
Hat sich die Mutter dafür entschieden, die Alimentation durch einen Vater zu bevorzugen, ist für denjenigen, den sie angibt, die Wahlfreiheit in der Regel auch schon zu Ende. Der Staat wacht darüber, dass er alle Konsequenzen zu tragen hat. Und damit ist immer gemeint: Er hat auf jeden Fall zu zahlen. Vorsichtig geschätzt betrifft dies auch zu mindestens 10% Kuckucksväter, auch Scheinväter genannt.
Die automatische Zuweisung des Kindes an die Mutter sorgt dafür, dass die in etwa der Hälfte aller Elternschaften folgende Trennung meist von der Mutter ausgeht, weil der Vater weiß, dass er eine Trennung nicht betreiben kann, weil er dann evtl. sein Kind nicht mehr sieht.
Was danach folgt, wird durch typische Zitate von Sachbearbeiterinnen des Jugendamts charakterisiert:
- „Ein Kind gehört zu seiner Mutter“
- „Sorge dafür, dass es der Mutter gut geht, dann geht es auch dem Kind gut“
- „Wenn die Mutter nicht will, können wir nichts machen“
Die Geschichte des Sorgerechts für nicht eheliche Väter in Deutschland ist ein deprimierendes historisches Dokument der menschenrechtswidrigen Zustände in unserem Land, das so gerne die Menschenrechtswidrigkeit in anderen Ländern anprangert, selbst aber vom Europ. Gerichtshof für Menschenrechte schon mindestens ein Dutzend Male bestätigt bekam, dass es im Familienrecht menschenrechtswidrig handelt.
Das wird natürlich sorgsam vertuscht.
Eine der entlarvendsten Sprachregelungen ist folgende:
Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 2010 nicht ehelichen Vätern den Zugang zur Gemeinsamen Sorge ermöglicht.
Irgendwie stimmt das schon. Allerdings hat das BVerfG das nicht freiwillig getan, wie die vorherige Formulierung suggeriert. Es wurde vom Europ. Gerichtshof für Menschenrechte dazu gezwungen und musste zugeben, dass seine Entscheidung von 7 Jahren zuvor eben der menschenrechtswidrige Blödsinn war, für den wir ihn schon immer gehalten hatten. Diese Blamage hat das BVerfG seinem Schmusekurs mit dem deutschen Profeminismus zu verdanken.
Eine der offensichtlichsten Systemmängel wird im Kontext des Gewaltschutzgesetzes deutlich.
Wenn man das Protokoll der Expertenanhörung im Bundestag zur Einführung des Gewaltschutzgesetzes liest, stellt man fest, dass schon damals davor gewarnt wurde, dass dieses Gesetz eine „Einladung zur missbräuchlichen Verwendung“ darstelle und dass es verfassungsrechtlich bedenklich sei.
Heute wissen wir aus der 15 Jahre andauernden Beobachtung der Abläufe gerade in der Familienrechtspraxis, dass der Missbrauch die Regel darstellt und dass in diesem Kontext der Rechtsstaat aufgehoben wurde. Die Parteiaussage einer Frau gilt aus Tatbeweis. Ade, Unschuldsvermutung.
Damit wird klar, dass dieses Gesetz damals eingeführt wurde, nicht OBWOHL es verfassungsrechtlich bedenklich war, sondern WEIL es verfassungsrechtlich bedenklich war. Man (nein: frau) wollte eine legalisierte Methode, Männer rechts- und menschenrechtswidrig auszuschalten.
Die neuen Fälle Kachelmann und Gina-Lisa sind nur die publikumswirksamen Spitzen des darunter verborgenen Sumpfes.
Was sind die Folgen?
- Tausende von Trennungsvätern, die bisher nur noch im Suizid die Lösung sahen. Die Suizid-Statistiken von Männern mittleren Alters im Verhältnis zu gleichaltrigen Frauen sind eindeutig.
- Inzwischen Hundertausende von Kindern, die durch die Ausgrenzung des Vaters geschädigt wurden und unsere Systeme und unsere Zukunft belasten. Die Folgen von Vaterlosigkeit sind bekannt.
Wir müssen aus der Dokumentation der Abläufe erkennen, dass viele ausgegrenzte Väter Systemopfer sind.
Ihnen steht damit Schadenersatz, Schmerzensgeld und Rehabilitation zu.
Ich habe zwar blaue Augen, bin aber nicht blauäugig.
Ich weiß, dass dies zurzeit politisch nicht durchsetzungsfähig ist.
Wir werden aber die Abläufe diesem Land ins Geschichtsbuch schreiben und wir werden die Forderung nach der Rehabilitation der Systemopfer unserer Familienrechtspraxis erheben.
Wir werden die Opfer dokumentieren,
wir werden die Abläufe protokollieren,
wir werden die Personen benennen, die für die Unmenschlichkeiten verantwortlich sind und
wir werden die ausstehende Systemkorrektur anmahnen.
Obwohl die Frauenbewegung durch die Ausgrenzung des Mannes und durch ihren Kampf gegen alles Männliche den Geschlechterkampf geplant, eingeläutet und verfolgt hat, sehen wir Männer die Lösung nicht im Geschlechterkampf, sondern im Schulterschluss mit den Frauen.
Deshalb schaffen wir Bündnisse mit Frauengruppierungen und suchen nach Lösungen, die von der erwachsenenorientierten Egozentrik abweichen und tatsächlich das Kind in den Mittelpunkt stellen. Die Doppelresidenz ist die wichtigste davon.
Wir konnten erfahren, dass sie die Lösung vieler unterschiedlicher Problemkreise vereint, vom Recht des Kindes auf seine beiden Eltern über die Konfliktminimierung bis zur Altersarmut von Trennungsmüttern. Früher nannte man diese „Alleinerziehende“.
Seit dem Artikel in der SZ vom Frühjahr 2015 „Getrennt heißt nicht alleinerziehend“ ist das aber im Kern endlich als feministisch ideologische Konstruktion erkannt.
Die neue Reaktion bestimmter Frauenkreise auf unsere Lösungsvorschläge sind entlarvend:
Barbara Thieme von der Mütterlobby meint, dass unsere Familienrechtspraxis Väter bevorzugen würde und dass es inzwischen genauso viele entsorgte Mütter wie Väter gäbe.
Oder:
Es gibt eine neue Internetpräsenz als Reaktion auf doppelresidenz.org und twohomes.org
Sie heißt „Einzuhausefürkinder.com“ und im Untertitel „Initiative für Kinder ohne festen Wohnsitz“
Wer sich selbst mit solchen Aktionen beschädigt, muss nicht mehr bekämpft werden. Sie sind sich selbst die größten Feinde.
Vielleicht ist dies der Versuch eines Geschlechterkampfes 2.0?
Wir werden diese Separation zwischen den Geschlechtern aber nicht mitmachen.
Eine Weiterentwicklung geschieht ausschließlich im Miteinander.
Und im Bewusstsein unserer Forderung
ALLEN KINDERN BEIDE ELTERN!