Am 23.07.2024 publizierte die SZ die fristlose Entlassung der Amtsleiterin des Jugendamtes des Landkreises Freising zum 01.07.2024.
Als Grund wurde genannt, es gebe „unterschiedliche Ansichten bei einem Fall zum Thema Datenschutz“.
Damit hätten wir zum ersten Mal, dass die Auswirkungen der DSGVO die fristlose Entlassung einer Amtsleitung in einem Jugendamt zur Folge hatten.
Wir wissen, dass
- in Jugendämtern mit Daten völlig hemmungslos umgegangen wird
- Jugendämter fachlich völlig unkontrolliert nach eigenem Bauchgefühl handeln und aburteilen und damit tief in die Strukturen und Lebensabläufe von Familien eingreifen
- Jugendämter sich daran gewöhnt haben, mit Familien Schicksal zu spielen und dass Verantwortung für das, was sie tun, nie bedacht bzw. vielleicht sogar übernommen werden würde.
- Jugendämter zu 85% aus Frauen bestehen, die ihrerseits wiederum rund zur Hälfte Trennungserfahrungen haben. Die Daten aus der eigenen Biografie sind Richtlinie für die meisten Handlungen.
- Jugendämter in der Regel nur handeln und bisher nicht für ihr Handeln zur Rechenschaft gezogen wurden. So wurde das freie Handeln (Drauflos-Wursteln) für sie zur täglichen Selbstverständlichkeit.
Wenn jetzt die DSGVO DER Hebel ist, mit dem das Dahinwursteln der Jugendämter endlich aufgebrochen werden kann, stehen wir erst am Anfang einer Lawine, die da ins Rollen kommen könnte.
Der Änderungsbedarf besteht aber nicht im Auswechseln der Einzelpersonen, deren Köpfe da rollen und noch rollen werden. Das System lenkt damit nur von sich und seiner eigenen Disfunktionalität ab.
Es ist das gesamte Konstrukt JUGENDAMT, das in seiner Konzeption, in seiner Wirkungsweise und in seinen Auswirkungen zutiefst grotesk und eines modernen Rechtsstaates unwürdig ist.
Es genügt nicht, einzelne Personen auszutauschen, um das zu ändern.
Im Hintergrund grübeln die Rechtsabteilungen und Amtsjustiziar*innen schon hektisch darüber, wie verhindert werden kann, dass der Teppich angehoben wird und alles damit sichtbar werden würde.
Das ist wie mit dem „Cochemer Weg“. Man (frau) wollte diesen nicht als Paradigmenwechsel begreifen, sondern als Methode, brach ihn lokal auf „Cochem extra light“ herunter und machte weiter wie bisher.
Dasselbe droht dem System JUGENDAMT.
Wir brauchen einen radikalen Wechsel.
In unserem Plädoyer für eine neue Familienrechtspraxis formulieren wir das (mit dem derzeitigen Stand der Ausarbeitung) so:
Jugendamt
Das Jugendamt ist innerhalb eines Verwaltungsapparates ausschließlich kommunal- bzw. regionalpolitisch geführt. Von dort soll die Dienstaufsicht auf das Jugendamt wirken. Die Dienstaufsicht hat keine fachliche Kompetenz, was bedeutet, dass das Jugendamt z.B. im Rahmen einer Dienstaufsichtsbeschwerde zur Beurteilung der Beschwerde konsultiert wird und damit faktisch über sich selbst entscheidet.
Wir fordern:
- Umstrukturierung von einer politisch gesteuerten Behörde in eine bundesweit fachlich supervidierte Dienstleistung für die Bürgerschaft – Familienzentren als Kompetenzbehörden für soziale Praxis.
- Anbindung dieser Familienzentren an die aktuelle Sozialforschung, Kooperation mit Hochschulen – wie in der Industrie üblich – und Qualitätssicherung.
- Einrichtung einer Aufsichtsbehörde (Fachaufsicht)
- Verpflichtende Fortbildungen für Fachpersonal dieser Familienzentren, die thematisch an neuesten Forschungsergebnissen anknüpfen.
Geschlechtsdifferenzierte Quotenregelung im Jugendamt
Das Personal der Jugendämter besteht zu 85% aus Frauen. Rund die Hälfte davon hat Erfahrung aus eigener Trennung. Diese Frauendominanz führt zu intuitiver Bevorzugung von Müttern. Der Trend wird dadurch verstärkt, wenn Frauen im Jugendamt auch in sonstigen Frauenvereinigungen (Frauen helfen Frauen, SkF, Frauenhaus, Wildwasser, etc.) angebunden sind und dort ausschließlich Interessen von Frauen bzw. Müttern vertreten. Eine Eignung für eine allparteiliche und kindzentrierte Arbeit im Jugendamt muss in solchen Fällen kritisch hinterfragt werden.
Wir fordern eine paritätische Besetzung der Jugendämter mit beiden Geschlechtern und eine verpflichtende Orientierung der jugendamtlichen Arbeit, insbesondere bei Stellungnahmen im Rahmen von familiengerichtlichen Verfahren (§50, SGB VIII), an einer umfassenden Chancengleichheit für Väter und Mütter.
Die Diskussion im Kontext dieses Köpferollens in den Jugendämtern muss dazu führen, dass eben diese radikale Erneuerung der gesamten Institution JUGENDAMT zum Thema gemacht und verhindert wird, dass nur kosmetisch geschönt werden wird. Im Extremfall werden nur einige Personen ausgetauscht und es wird ansonsten weitergemacht wie bisher.
Wir können das verhindern, indem wir ein solches Verharren in den pervertierten alten Strukturen für die jeweiligen Träger (Stadt, Landkreis) zu teuer werden lassen. PolitikerInnen ohne jede Ahnung von den fachlichen Zusammenhängen denken zunächst rein wirtschaftlich – meist HINTER einer parteilich ideologischen Orientierung. Aber auch eine solche muss einfach zu teuer werden.
Allein das wird funktionieren.
Wir können das zu unserem Thema machen.
Die fristlos entlassene Amtsleiterin aus Freising ist sich natürlich keiner Schuld bewusst. In der SZ wird erklärt, dass sie sich unschuldig fühlt und sich gegen die Entlassung wehren will, was nichts weiter heißt, als dass sie wenigstens eine satte Abfindung zur Entlassung haben möchte.
Ich denke auch, dass sie unschuldig ist, weil sie nichts weiter machte als das, was alle machen. Es sind eben nicht die Einzelpersonen. Es ist das gesamte System, das fristlos entlassen werden müsste.
In diesem Fall hat es jemand geschafft, die Fehler im System anhand eines Beispiels aufzubrechen.
Lasst uns das in jedem Fall machen.
Überschwemmen wir das System mit seinen Fehlern.
Und – es sind ja weitere Fälle in der pipeline.
In einem Fall wurden unter der Hand schon 6-stellige Summen zur sang- und klanglosen Abwicklung angeboten.
Wir lassen uns aber nicht abspeisen.
Was einer Grundreinigung bedarf, soll auch eine Grundreinigung erhalten.
Wir kennen die Städte, in denen ein Habitat von Frauenförderung dafür gesorgt hat, dass das, was in Freising zu einer fristlosen Entlassung führte, bejubelt und beklatscht wurde und immer noch wird. Diese Damen haben aber die historische Dimension nicht begriffen. Was heute beklatscht und mit öffentlichen Lobeshymnen bedacht wird, wird spätestens übermorgen als Verbrechen erkannt werden.
Es wäre nicht die Erste, die danach ihre Biografie wie Katzendreck an den High heels loswerden möchte.