Seit vielen Jahren fordere ich eine „kindzentrierte Ethik“ in der Umsetzung von familialer Intervention im Rahmen von Trennung und Scheidung mit Kindern.
Diese Forderung wendet sich gegen
- fehlende Familienpolitik in Deutschland im Kontext von Trennungsprozessen
- das Postulat des Residenzmodells in Deutschland
- die Reduzierung auf sogenannte „Einelternfamilien“ und das Alleinerziehen gegen die Realität des und die Forderung nach Getrennt-Erziehen
- den Verlust von Elternteilen für mindestens 100.000 Kinder jährlich
Die kontraproduktiven Abläufe im durch institutionalisierte Prozesse gesteuerten Trennungsmanagement sind inzwischen verantwortlich für destruktive Erscheinungsformen als Konsequenzen einer ideologisch determinierten Vorgehensweise.
In meinem Referat „Eingriffe des Staates in die Familie“ (https://vater.franzjoerg.de/?p=227) formulierte ich: „Wenn man davon ausgeht, dass deutsche Familiengerichte 50 Wochen im Jahr an je 5 Tagen arbeiten, würde dies statistisch bedeuten, dass der gebündelte Sachverstand aller in der familialen Intervention beschäftigten und dadurch finanzierten Mitglieder der Professionen dazu führt, dass Profis in Deutschland an jedem Arbeitstag über 400 Kinder zu Halbwaisen machen und rund 400 Elternteile entsorgen.“
Konsequenzen sind gebrochene Vitas von Kindern und entsorgten Elternteilen, volle Psychiatrien, Suchtverhalten, autodestruktive Verhaltensweisen, egozentrische Verhaltensmodelle und viele weitere psychogene Defizite, die heute unsere Gesellschaft prägen. Es zeigt sich, dass unsere Gesellschaft für die Zerstörung der Familie einen hohen Preis zu zahlen hat.
Dabei zeigen sich die Indizien für destruktive Dispositionen schon früh.
Wenn pubertierende Trennungskinder im Brustton der Überzeugung meinen: „Mein Vater ist ein Arschloch!“ oder wenn die SZ vom 08.05.2015 titelt: „Meine Mutter die Sau“, ist eine Grenze überschritten, die noch vor wenigen Jahrzehnten nicht hätte überschritten werden können, ohne von allen gesellschaftlichen Regulationsmechanismen in gebotene Schranken verwiesen zu werden.
Nicht ohne Grund fordern alle ethischen Systeme der Menschheit, ob theozentrisch oder nicht, den grundsätzlichen Respekt gegenüber den älteren Generationen. Im Christentum ist dies so formuliert: „Du sollst Vater und Mutter ehren, auf dass es Dir wohl ergehe und Du lange lebest auf Erden“.
Die autodestruktive Komponente der Entehrung der eigenen Eltern wird darin deutlich angesprochen.
Aber anstatt behutsam mit dieser Weisheit unzähliger Generationen aller Kulturen umzugehen, neigen gerade die Aktoren im System der familialen Intervention dazu, die Respektlosigkeit bis zur Perversion zu steigern. „Willst Du Deinem Vater (Deiner Mutter) nicht nochmals eine Chance geben?“ ist ein Satz, den ich immer wieder von Beraterinnen, Sachbearbeiterinnen im Jugendamt oder von Verfahrensbeiständinnen (ja, gerade von denen weiblichen Geschlechts) gegenüber Trennungskindern geäußert vernehmen muss.
Parentifizierende Eltern werden von den Professionen abgestraft. Aber was ist denn diese Frage, wenn nicht Parentifizierung in Potenz?
Die Einbeziehung von Kindern ab 14 Jahren in Verhandlungen vor dem Familiengericht macht aus weitgehend unschuldigen Opfern mitverantwortliche Entscheider im Verfahren. An dieser Stelle regelt das FamFG den aktiven Kindesmissbrauch im Verfahren.
Dort, wo erwiesen ist, dass allein erzieherische Solidarität auch unter Trennungseltern Erziehung überhaupt erst möglich macht, fördern ausgerechnet die Professionen die konfliktorientierte und destruktive Aufstellung von Eltern gegeneinander, indem sie Äußerungen von Kindern zum Verhalten von Eltern im Verfahrensablauf benutzen, um Elternteile auszuschalten.
Müssen wir erst Aktionen starten, um hartnäckig destruktive Kinder nach Trennung und Scheidung im Erwachsenenalter öffentlich wirksam aus der Erbfolge auszuschließen, um auf die Folgen ethisch katastrophaler Prozesse aufmerksam zu machen?