Wie unterhaltspflichtige Väter in Deutschland strukturell benachteiligt werden
In der öffentlichen und politischen Diskussion wird immer wieder die schwierige Lage alleinerziehender Mütter betont – zu Recht. Doch weitgehend unbeachtet bleibt die Situation jener Väter, die nach Trennung oder Scheidung unterhaltspflichtig sind. Und diese Gruppe ist ebenso hoch. Die überwiegende Mehrzahl von ihnen leistet einen erheblichen finanziellen Beitrag, ohne zugleich Alltagseinfluss auf das Leben ihrer Kinder zu haben. Die geltende Gesetzeslage benachteiligt sie steuerlich, prozessual und gesellschaftlich – während der Staat selbst von dieser Konstellation profitiert.
Hinzu kommt, dass in den Medien jedes Jahr breite Kampagnen der Lobby der Mütter gefahren werden mit der Behauptung, Väter WOLLTEN nicht zahlen. Die Faktenlage ist eine andere: Die meisten Väter KÖNNEN nicht zahlen, weil sie nach der Trennung mit der Finanzierung von zwei Haushalten völlig überfordert sind, besonders dann, wenn die Trennung deshalb von der Mutter ausgelöst wurde, weil der Verdienst des Vaters schon für einen Haushalt nicht ausreichte.
Fakt ist auch, dass diejenigen Mütter, die in unserem System von Residenzmodell unterhaltspflichtig wurden, zu einem hohen Prozentsatz nicht zahlen – und das, weil sie nachweislich NICHT WOLLEN. Ich habe in meinem Beratungsalltag viele Beispiele als Beleg und könnte Namen (auch prominente!) und Zitate nennen (auch schriftliche!). Aussagen wie: „Ich wäre ja verrückt, wenn ich arbeiten würde, dann müsste ich ja Unterhalt an den Vater bezahlen!“ sind von Müttern immer wieder zu hören.
Mütter fürchten nichts mehr als das, was sie Vätern beständig zumuten.
Natürlich gibt es auch positive Beispiele, die ich ebenfalls aus meiner Praxis kenne. Aber die Schieflage, die in den Medien dargestellt wird und die Realität sind zwei absolut divergierende Bilder.
Steuerliche Ungleichbehandlung
Der unterhaltspflichtige Elternteil (zu 85-88% der Vater) wird der Steuerklasse I zugeordnet – dieselbe Klasse wie ein lediger Single ohne Kinder. Dabei trägt er einen erheblichen Teil der finanziellen Verantwortung für seine Kinder – oft, ohne deren Alltag mitzugestalten.
Demgegenüber erhält die betreuende Mutter Steuerklasse II, die mit einem Entlastungsbetrag versehen ist. Dieser steuerliche Vorteil ist grundsätzlich gerechtfertigt – aber die Konsequenz für den Vater ist eine faktisch höhere Steuerlast auf Einkommen, das ihm selbst nicht zur Verfügung steht, sondern der Kindesfinanzierung dient.
Damit zahlt der Vater nicht nur den Kindesunterhalt, sondern auch noch Steuern auf den Teil seines Einkommens, den er direkt an die betreuende Mutter überweist. Eine steuerliche Berücksichtigung dieser Leistung findet kaum statt.
Prozessuale Asymmetrie – Verfahrenskostenhilfe (VKH)
Die betreuende Mutter hat in Verfahren über Sorgerecht, Unterhalt oder Umgangsregelung regelmäßig Anspruch auf Verfahrenskostenhilfe, wenn ihr Einkommen gering oder nicht vorhanden ist. Dies ermöglicht eine häufige und teils strategisch motivierte Anrufung des Familiengerichts – auf Kosten der Allgemeinheit.
Der Vater hingegen, der arbeitet und bereits Unterhalt zahlt, fällt in der Regel durch das Raster der VKH – obwohl sein frei verfügbares Einkommen durch die Unterhaltspflicht deutlich reduziert ist.
Damit muss der Vater seine anwaltliche Vertretung in familienrechtlichen Verfahren meist selbst finanzieren, während die Mutter kostenfrei prozessieren kann – auch mehrfach, und auch rein taktisch motiviert. Das führt zu einer strukturellen Schieflage im Zugang zum Recht.
Staatliche Vorteilsnahme
Hinzu kommt ein systemischer Zynismus: Der Staat bedient Alleinerziehen und beutet den Verlierer im Residenzmodell aus.
- Er besteuert das Einkommen des unterhaltspflichtigen Vaters voll – auch den Teil, der zur Familienversorgung dient.
- Unterhaltsvorschussleistungen, die bei ausbleibenden Zahlungen gezahlt werden, kann er teils nicht eintreiben – trägt sie aber durch Steuermittel.
- Er finanziert meist Verfahrenskostenhilfe für die Mutter, während der Vater ohne Hilfe bleibt.
Der Staat hat kein fiskalisches Interesse an Ausgleich oder Gerechtigkeit, da er einerseits von der derzeitigen Benachteiligung des unterhaltspflichtigen Elternteils (85-88%!) finanziell profitiert und andererseits ein ideologisches Interesse an einseitiger Bevorteilung hat.
Gesellschaftliche Wahrnehmung und fehlende Lobby
Während alleinerziehende Mütter politisch sichtbar und medial präsent sind, bleibt die Realität vieler Väter unsichtbar. Wer arbeiten geht, pünktlich zahlt und auf Umgangsrecht verzichtet (oder dies verweigert bekommt), erfährt selten Unterstützung – im Gegenteil: Er gilt oft als „abwesend“, obwohl er finanziell und emotional präsent sein möchte.
Es fehlt eine politische Anerkennung der Vaterrolle jenseits des Unterhalts – als Elternteil mit Bindung, Verantwortung und Rechten.
Forderungen für mehr Gerechtigkeit
- Steuerliche Berücksichtigung des Unterhalts als abzugsfähige Leistung, ggf. durch neue Steuerklasse für Unterhaltsverpflichtete.
- Mehr Zugang zu VKH für unterhaltspflichtige Väter bei tatsächlich geringer Verfügbarkeit von Einkommen (nach Abzug des Unterhalts).
- Deckelung prozessualer Eskalation durch Prüfung der Verhältnismäßigkeit bei wiederholten Verfahren mit dem Blick auf das „best interest of the child“.
- Stärkere Einbindung der Väterperspektive in familienrechtliche und sozialpolitische Diskussionen.
- Förderung des Wechselmodells als gleichwertige Betreuungsform – um Verantwortung und Lasten partnerschaftlich zu verteilen.
Ein gerechtes Familienrecht muss beide Elternteile als gleichwertig behandeln – in ihrer Verantwortung, aber auch in ihren Rechten.
Unterhaltspflichtige Väter tragen einen oft übersehenen Teil der gesellschaftlichen Last – und verdienen dafür nicht Misstrauen, sondern Anerkennung und faire Rahmenbedingungen.